Dutzler, Herbert - Wenn die Welt nach Sommer riecht
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Veröffentlicht am 06.01.2025
Wohl abgewogene zeitgeschichtliche Seitenblicke auf die 70er Jahre.
Was gibt es Erbaulicheres, als sich mit einem Dutzler-Roman gemütlich lesend gelebte Lebenszeit zu schenken? Nach „Die Welt war eine Murmel“ und „Die Welt war voller Fragen“ nimmt uns Herbert Dutzler neuerlich auf eine bemerkenswerte familiäre Zeitreise mit. Diesmal in die gesellschaftsaufbrüchigen 70er Jahre.
Im Mittelpunkt dieser unterhaltsamen und humorigen Zeitreise steht neuerlich Siegfried. Jetzt schon im bemerkenswerten Lebensalter von 13 Jahren. Er sieht und spürt förmlich als Jugendlicher die Herausforderungen dieser aufgewühlten Zeit, erkennt aber auch ihre neuen Möglichkeiten und stellt sich nicht gegen ihren unaufhaltsamen Strom in eine lebenswerte Zukunft. Er begehrt auf gegen verknöcherte familiäre Ansichten, Gepflogenheiten und nachgelebte Scheinheiligkeiten („Es ist bestimmt, wer im Haus das Sagen hat“). Er nimmt einsichtig auch die sich mehrenden zeittypischen Zwistigkeiten im Elternhaus in Kauf, verursacht durch die zunehmenden Eigenständigkeitsbestre-bungen seiner Mutter – sie erwirbt entgegen dem Verbot ihres bierdünstigen Ehemannes den Führerschein, kauft sich ein Auto, nimmt ungeachtet teils heftiger Reibereien und Proteste ihres Mannes eine Anstellung in der örtlichen Apotheke an, wo sie bereits nach kurzer Zeit mit dem Chef charmant herumturtelt. Mama stellt auch die mit ihrer Familie auf Genuss und Trägheit ausgerichteten Urlaubsgepflogenheiten auf den Kopf. Sie lässt sich als Hobbykünstlerin heranbilden.
Sigi stellt sich mutig den Anfeindungen im Gymnasium, den immerwährenden Problemen mit den Lehrern, die ihn ob seines wissensdurstigen Frageverhaltens stets maßregeln. Ja, und da wären noch andere Rauchsignale dieser 70er Jahre, die sich um den Burschen herumtummeln. Eben die erste heimliche Zigarette, der erste heimliche Schluck Alkohol, die aufmüpfigen Schlagerparaden, die lockeren Verführungen und nicht zuletzt auch die protzige ziellose Herumkurverei mit dem gestylten doppelsitzigen Mopedroller. Gar nicht zu reden vom ersten verträumten Blick eines hübschen Mädchens und das dazugehörige zarte Liebesgeflüster.
Mit diesem Buch legt uns Herbert Dutzler neuerlich wohl abgewogene zeitgeschichtliche Seitenblicke auf den Tisch. Unterhaltsam, authentisch, begeisternd, glaubwürdig. Bitte zugreifen! Eine Lektüre für alle Altersgruppen.
Adalbert Melichar
Dutzler, Herbert - Wenn die Welt nach Sommer riecht
Roman. Innsbruck: Haymon 2024. 269 S. - fest geb. : € 23,50 (DR) ISBN 978-3-7099-8214-3