Khalifa, Khaled - Keiner betete an ihren Gräbern
Veröffentlicht am 28.06.2023
Roman, der die historischen Hintergründe und Wandlungen in der Gesellschaft Syriens aufzeigt
Hanna ist 1881 acht Jahre alt, als sein Vater von den Osmanen, die Syrien beherrschen, ermordet wird. Man wirft diesem, der aus einer einflussreichen, christlichen Familie stammt, vor, einen osmanischen Offizier getötet zu haben. Hanna wächst nun in der muslimischen Familie Bayazidi in Syrien auf, deren Sohn Zakaria bald sein bester Freund wird.
Mit 18 Jahren führen beide jeweils liederliche Leben und lieben das Amüsement. Der Vater will sie auf die Militärakademie schicken, doch sie fliehen mit dem Schiff geheim nach Italien. Als sie nach Syrien zurückkehren, geht das ausgelassene Leben weiter. Sie haben ein Haus eingerichtet, wo sie fantastische Feste mit schönen Mädchen feiern, und meinen, schöner könne es im Paradies auch nicht sein. Suad, die Schwester Zakarias, liebt Hanna insgeheim und ist sehr fortschrittlich gesinnt. Sie legt später den Schleier ab und lebt als freie, moderne Frau nicht ungefährlich. Ihre fromme und fanatische Tante Amina ächtet sie, doch Suad will für die Rechte der Frauen kämpfen. Hanna hat sich inzwischen gewandelt. Der von Glücksspiel und Frauen Besessene hat in der Nähe seines Hauses eine alte Kirche ausgegraben und verändert nun sein Leben. Er pilgert nach Jerusalem, unterstützt ein Waisenhausprojekt, wird wie ein Heiliger verehrt und kann sogar Kranke heilen.
Diese fast 70-jährige Geschichte einer großen bedeutenden Familie in Syrien ist nicht nur spannend, sondern schildert auch die historischen Hintergründe und Wandlungen in der Gesellschaft Syriens. Der syrische Autor wurde mit der Naguib Mahfouz Medal for Literature ausgezeichnet und kann mit diesem großangelegten Familienroman als „syrischer Mahfouz“ bezeichnet werden.
Traude Banndorff-Tanner
Khalifa, Khaled - Keiner betete an ihren Gräbern
Roman. Hamburg: Rowohlt 2023. 540 S. - fest geb. : € 26,80 (DR) ISBN 978-3-498-00204-6
