Kneifl, Edith - Klippensturz
Veröffentlicht am 23.06.2023
Ein Istrien-Krimi um dunkle Familiengeheimnisse.
„Laura Mars sah rot. Hässliches, bräunliches Rot. Nicht nur der kahle Hinterkopf des Mannes war blutverschmiert, auch der hochflorige hell-graue Teppich hatte ein paar Spritzer abbekommen. Der Mann lag auf dem Bauch ...“ So blutig beginnt der neue Istrien-Krimi der „Detektivin der Seele“, Edith Kneifl. Um zu erklären: Laura Mars ist auf dem Weg nach Kroatien. Dort erwartet sie, laut der Zuschrift eines Notars, kein geringeres Erbe als die stattliche Villa ihrer Großmutter. Allerdings findet die junge Frau den besagten Notar mit zerschmettertem Haupt tot in seinem Büro auf. Offenbar erschlagen mit einer schweren Bronze-Figur. Zusätzlich findet sie den Tresor im Büro aufgebrochen und völlig durchwühlt.
Es wäre nun in der Folge kein unterhaltsamer Krimi, wenn es nicht mit dem Testament der Großmutter ein Problem gegeben hätte. Dieses ist nämlich spurlos verschwunden. Offenbar aus dem gewaltsam geöffneten Panzerschrank geraubt. Nach diesem Schreck tröstet uns die Autorin in Folge mit malerischen Eindrücken inmitten der altehrwürdigen Stadt Pula und ihrer Umgebung, in welcher Laura in Begleitung dubioser und weniger dubioser Männerbekanntschaften das Geschehene zu vergessen versucht. So nebenbei macht uns Edith Kneifl mit ihrem ziemlich skurrilen Verwandten-Clan, der ein herabgekommenes Hotel betreibt und im Romangeschehen eine nicht unwesentliche Rolle einnimmt, sattsam bekannt. Eindrücke über Eindrücke, also!
Natürlich darf dabei die Ansammlung jener Romanfiguren, die einen Krimi eben ausmachen, nicht fehlen. Einige von ihnen sind leider etwas zu statisch und leicht durchschaubar geraten. Ebenso verliert sich der Handlungsverlauf allzu oft durch endlose Auszüge aus dem zufällig im aufgebrochenen Tresor durch Laura aufgefundenen und von ihr entwendeten Tagebuch ihrer verstorbenen Frau Mama. Daraus erfährt die aus Wien angereiste Erbin in spe über kurz oder lang mehr und mehr dunkle Familiengeheimnisse. Zu einer naiv unterschätzten Gefahr, die sie vorerst nicht wahrhaben will, geraten allerdings einige ihrer losen, aber von ihr bewusst aufgesuchten Männerbekanntschaften. Deren Einladungen zu gemeinsamen Trips quer durch die paradiesische Naturkulisse rund um die Stadt zu Land und zur See lassen oftmals unseriöse, ja, eindeutige Absichten erkennen, die von Laura nur schwer abgewendet werden können.
Letztlich gerät sie allerdings (auch das macht einen Krimi aus) in eine beinahe ausweglose, lebensbedrohende Situation. So weit, so gut! Nun (m)ein Geständnis: Ungefähr im zweiten Drittel des Buches angelangt, packte mich eine unbändige Neugier, welches Ende diese Story wohl nehmen wird. Nicht übel! Mehr verrate ich Ihnen, liebe Leserin/lieber Leser nicht. Lesen Sie selbst! Mit diesem Krimi halten Sie in jedem Falle einen unterhaltsamen Lesestoff für gemütliche Stunden in den Händen.
Adalbert Melichar
Kneifl, Edith - Klippensturz
Ein Istrien-Krimi. Innsbruck: Haymon 2023. 303 S. - kt. : € 14,95 (DR) ISBN 978-3-7099-7926-6