Kraus, Rudolf - versvermessung

Kraus, Rudolf - versvermessung

Veröffentlicht am 05.06.2025

siebzehnsilber: senryu - haiku - dreizeiler elfsilber: rukai fünfsilber suchbilder silber. 

Schon der Untertitel bzw. die Kapiteleinteilung lesen sich wie Gedicht: „Dreizehn Dreizeiler (…) Siebzehn Siebzehnsilber (…) Elf Elfsilber (…) Fünf Fünfsilber (…) Suchbilder (…) Silber“. Da sind Ernst Jandl, Gerhard Rühm etc. nicht weit. Nicht von ungefähr beim Kenner der klassischen und gegenwärtigen Lyrik, dem Verseschmied Rudolf Kraus, der mitunter auch als Rezensent tätig ist.

Die Einteilung weist auf die strenge Formgebung der Gedichte hin (Kraus spielt mit den Versformen Senryu und Haiku), das Buch folgt jedoch nicht nur einer eigenen Zahlen-Kabbala, sondern ist insgesamt klug komponiert. Nach den ersten Dreizeilern, Siebzehnsilbern und Elfsilbern, die eher persönlich gehalten sind, folgen Fünfsilber, die auch gesellschaftliche und existenzielle Fragen äußerst verknappt (1-3-1 in Silben) thematisieren: „kein /haiku ist / ich“, „klon / besteigt thron / schon“ oder „macht / korrumpiert / sich“.

Augenzwinkernd präsentiert Rudolf Kraus in diesem schönen, kleinen Band einige strengkomponierte, jeweils mit dem Schalk im Nacken erschaffene Proben seiner Kunst der Versvermessung. Mein Lieblingsvers ist jener, der auch auf der Coverrückseite zitiert wird: „in der schneekugel / herrscht auch im tiefsten winter / keine schneeknappheit.“ Armin Baumgartner steuerte ein lesenswertes Nachwort bei, in dem er etwa den Ursprung von Rudolf Kraus‘ Vorliebe für Primzahlen verrät.
Georg Pichler

Kraus, Rudolf - versvermessung
siebzehnsilber: senryu - haiku - dreizeiler elfsilber: rukai fünfsilber suchbilder silber. Wien: Verlagshaus Hernals 2024. 105 S. - kt. : € 24,95 (DL) ISBN 978-3-903442-62-7

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