Toxische Pommes - Ein schönes Ausländerkind
Veröffentlicht am 30.07.2024
Welche Anpassungen für die Assimilierung einer Familie waren nach der Flucht nach Österreich notwendig?
Was macht es mit einer Familie, wenn sie nach Österreich flüchten und sich hier integrieren muss? Dies ist die zentrale Frage des autofiktionalen Romans von Irina, besser bekannt als Toxische Pommes. Seit Jahren kennt man sie durch ihre satirischen Kurzvideos auf Tik Tok oder Instagram. Mittlerweile ist sie auch mit einem eigenem Kabarettprogramm unterwegs. Mit „Ein schönes Ausländerkind“ liegt nun der Debütroman der Internetikone vor.
Der Roman beginnt mit der Flucht der Familie vor dem Jugoslawienkrieg. Durch eine Bekanntschaft landen sie in Wiener Neustadt, wo die Integrationsgeschichte beginnt. Im Mittelpunkt steht eine Ich-Erzählerin, die sich mit viel Fleiß und Ehrgeiz unbedingt beweisen und integrieren will. Beim Lesen erlebt man, wie sie in der Schule ihr Bestes gibt, die Beste wird und der Diskriminierung trotzdem nicht entkommt: Trotz Bestnoten wird ihr als „Ausländerin“ nur ein Hauptschulbesuch empfohlen.
Während die Mutter als Familienernährerin viel arbeitet und im Leben der Ich-Erzählerin daher oft abwesend ist, kommt der Beziehung zu ihrem Vater eine zentrale Bedeutung zu. Je länger der Aufenthalt in Österreich andauert und je älter sie wird, desto mehr verändert sich diese Beziehung. Die Sommerreisen nach Serbien und in die anderen ex-jugoslawischen Länder verdeutlichen nochmals, welche Anpassungen für die Assimilierung der Familie notwendig waren. Was diese Assimilierung die Erzählerin gekostet hat, spitzt die Autorin in den letzten Sätzen des Buches perfekt zu.
Die Geschichte ist eine, die man lesen sollte – Personen, mit ähnlichen Erfahrungen finden sich vermutlich in der Erzählung wieder. Jenen, die sich zu den autochthonen Österrreicher:innen zählen, wird mit diesem Buch eine Perspektive aufgezeigt, mit der sich alle auseinandersetzen sollten. Literarisch merkt man abschnittsweise, dass es der Debütroman einer Autorin ist, die ihrer Kreativität bisher durch andere Formen Ausdruck verliehen hat. Etwa das Verhältnis zu ihrem Vater bleibt, obwohl es viel Raum einnimmt, auf der Oberfläche, obgleich es offensichtlich auch sehr vielschichtig ist.
Der Autorin ist es gut gelungen, den Humor, der auch ihre Kurzvideos auszeichnet, zu Papier zu bringen. Immer wieder bringt sie es fertig, Komik und Absurdität in vordergründig unlustige Situationen zu bringen und der Mehrheitsgesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Verena Altenberger schreibt auf der Rückseite des Buchcovers „Witzig, einfühlsam, liebevoll, selbstironisch, lakonisch – und traurig, aber da kommt man erst nach dem Schmunzeln drauf“. Das ist eine sehr gute Beschreibung des Buchs.
Julia Stroj
Toxische Pommes - Ein schönes Ausländerkind
Roman. Wien: Zsolnay 2024. 205 S. fest geb. : € 24,50 (DR) ISBN 978-3-552-07396-8