Adalbert Melichar

Adalbert Melichar

Veröffentlicht am 12.05.2023

Drei Doppelfragen an den „Bücherschau“-Rezensenten

1. Wie sind Sie zum Lesen von Büchern gekommen und welche Bedeutung haben Bücher in Ihrem Leben?

Ich bezeichne mich gerne als „Spätlesender“, der erst im reiferen Alter zur Literatur gefunden hat. Dies, nachdem mir im Jahr 1970 die Errichtung und Eröffnung einer neu gegründeten öffentlichen Bücherei der Gemeinde im Ort überantwortet wurde. Bücher bedeuten für mich eine Welt, in der ich mich verschließen und verkriechen kann. Aber auch eine Welt, die ich mit anderen ausdeuten und erleben kann.

2. Wie sind Sie Rezensentin/Rezensent geworden und wie schätzen Sie diese Tätigkeit ein?

Nach Abschluss meiner Ausbildung als ehrenamtlicher und nebenberuflicher Bibliothekar im Bundesinstitut für Erwachsenenbildung Strobl/St.Wolfgang konnte ich bei den Fortbildungslehrgängen meine theoretischen Ansätze und praktischen Erfahrungen zur damals noch nicht gängigen Thematik „Büchereiwerbung, Öffentlichkeitsarbeit und kreative Literaturvermittlung“ einbringen. Dies öffnete mir den Weg zu den Ausbildungslehrgängen als Fachreferent und Lehrgangsleiter. Zugleich bot sich mir im Jahr 1974 die Möglichkeit einer Tätigkeit als Rezensent für die ÖGB-Bücherschau (Belletristik, Unterhaltungsliteratur) bei Prof. Link an. Ich übe diese Rezensionstätigkeit seit damals ohne Unterbrechung aus! Diese stellt eine ungemeine Bereicherung meines Lebens dar und schärft meinen Blick auf mein gesellschaftliches Umfeld und auf die Literaturlandschaft.

3. Welche Bücher sind für Sie persönlich besonders wichtig und welche Bücher würden Sie Freunden unbedingt zur Lektüre empfehlen und warum?

Was man gemeinhin als reine Unterhaltungsliteratur bezeichnet, betrachte ich oftmals mit Argwohn. Vieles, was zwischen Buchdeckeln eingeklemmt ist, raubt Lese- und Lebenszeit. Für mich sind tiefgründige literarische Texte, die ich „für meine Seele lese“ und eine scharfsinnige, gesellschafts- und sozialkritische Sachliteratur von Bedeutung (Biografien, Zeitgeschichte, Philosophie, Digitale Technik und ihre Auswüchse etc.).

Was ich Freunden unbedingt zur Lektüre empfehle:

Christian Blasge/Der Mensch als Rohstoff – Zwischen Künstlicher Intelligenz und persönlicher Optimierung. Wien, Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft, 2021

Dieses Sachbuch beschreibt die undurchschaubaren Entwicklungen der Gentechnik, Nanotechnik, Robotik und der künstlichen Intelligenz und endet mit einer brisanten Debatte über den Transhumanismus. Eine heikle Thematik, die es zu hinterfragen und zu diskutieren gilt.

Andreas Salcher/Die große Erschöpfung und die Quellen der Kraft. Wien, edition a 2022

Dieses Sachbuch befasst sich mit einem Phänomen unserer Zeit. Nämlich dem dumpfen Gefühl kollektiver Erschöpfung. Der Autor entlarvt dabei falsche Mythen, benennt Ursachen und zeigt dabei auch mögliche Zugänge zu den eigenen Quellen der Kraft. Ein Sachbuch, dass auch Anreize zur Betrachtung der eigenen Lebenshaltung und Lebensweise vermittelt.

Andrea Wulf/Fabelhafte Rebellen – Die frühen Romantiker und die Erfindung des Ich. München, C. Bertelsmann 2022

Der Autorin gelingt eine faszinierende Rückblendung auf die turbulenten Geschehnisse innerhalb des sogenannten Jenaer Kreises. Einer Gruppe von Denkern in der kleinen Universitätsstadt Jena, die unweigerlich eine Revolution des Geistes hervorriefen. Unter ihnen Goethe, Schiller, Novalis, die Philosophen Fichte, Schelling, Hegel, die Brüder Schlegel sowie der Wissenschaftler Alexander von Humboldt und ihre Muse, die freigeistige Caroline Schlegel. Ein freisinniges Buch, in welchem sowohl gepflegte literarische Unterhaltung als auch tiefgründige Denkweisen, deren Auswirkungen auch heute noch Gültigkeit besitzen, ihren Platz haben.

Das bin ich:

Prof. Adalbert Melichar. Geboren: 1942, verheiratet mit Gattin Angelika. Vater von vier Söhnen. Wohnhaft in 2401 Fischamend. Kulturamtsdirektor i.R. Als Leiter der Stadtbücherei ebenso im Ruhestand. Im öffentlichen Büchereiwesen und in der Erwachsenenbildung (VHS) immer noch aktiv tätig. Langjährige journalistische Erfahrung und Buchautor, u.a. „Volksbelehrung, Volksverführung, Volksbildung. Bücher und Bibliotheken – ein Spiegel ihrer Zeit. Verlag Bibliothek der Provinz, 2010. Zahlreiche Ehrungen und öffentliche Auszeichnungen, u.a. Luitpold Stern Literaturpreis 2001 des ÖGB, NÖ. Wissenschaftspreis 2004 (Würdigungspreis) f. Erwachsenenbildung, Goldenes Ehrenzeichen des Landes Niederösterreich, Ehrenring der Stadt Fischamend, 2022.