AK-Bibliotheken Vorarlberg - Bildung für alle!
Veröffentlicht am 11.03.2024
Lisbeth Postl über die AK-Bibliotheken Vorarlberg Feldkirch und Bludenz.
„Ihr solltet in den Reiseführer!“ Dieses Kompliment ist nicht nur einmal gefallen – und eine motivierende Aussage dafür, dass die AK-Bibliotheken in Feldkirch und Bludenz sowohl sehenswert sind als auch gebraucht werden! Die zwei öffentlichen Bibliotheken mit ihrem breit aufgestellten Mediensortiment stehen allen Interessierten unabhängig von Alter, Herkunft, Beschäftigungsverhältnis und Lebenssituation offen – und das kostenlos.
Bildung für alle war der Arbeiterkammer Vorarlberg seit jeher ein Anliegen – anfangs vermittelt in Form der kofferförmigen Wanderbibliotheken in den einzelnen Betrieben, dann als Thekenbüchereien bis hin zu den jetzigen Freihandbibliotheken – zehn davon gab es einmal im „Ländle“. Die sich wandelnde Informationskultur und Bildungslandschaft brachte die Übergabe von acht Bibliotheken an die Gemeinden; die Arbeiterkammer Vorarlberg fokussierte auf die Standorte in Feldkirch und Bludenz mit dem Ziel, sie auch in Hinblick auf zukünftige Entwicklungen hochmodern auszurüsten.
DIE ATMOSPHÄRE ZÄHLT …
Der Umbau des alten Arbeiterkammer-Gebäudes in Feldkirch in der Widnau führte im Juni 2010 zum Umzug der Bibliothek aus dem Keller des Palais Liechtenstein in die völlig neu gestalteten, bunt möblierten und hellen 630m² großen Räumlichkeiten mit Arbeitsplätzen, Wintergarten, Lift, erstem Stock und barrierefreiem rollstuhlgerechten Zugang. Der Bestand wurde komplett ausgetauscht, verdoppelt und modern präsentiert – und auch die Entlehnzahlen und Leser:innen verdoppelten sich. Die Jugendlichen halten sich besonders gern im Wintergarten im ersten Stock auf, daher wurden dort weitere zum Arbeiten geeignete Tische mit entsprechenden Sitzgelegenheiten aufgestellt: In der speziellen Atmosphäre ließe es sich besonders gut lernen und arbeiten, aber auch einfach quatschen, so der Tenor. Das Konzept des im Wintergarten angesiedelten „Lese-Cafés“ ging auf. Junge und ältere Menschen, Kund:innen und Nicht-Kund:innen kommen gerne in die Bibliothek, um Zeitungen und Zeitschriften zu lesen, sich zu treffen, zu arbeiten oder die Atmosphäre zu genießen. Die AK-Bibliothek Feldkirch unterscheidet sich neben dem Bestand auch dadurch von der Hauptstelle der Stadtbibliothek Feldkirch, deren Schwerpunkte anders gesetzt sind – und die in beiden Bibliotheken eingeschriebenen Leser:innen nutzen die Kinder- und Jugendmedien in den vier Zweigstellen der Stadtbibliothek parallel zu denen der AK-Bibliothek.
Die 300m² große Bibliothek Bludenz in ihrer heutigen Form wiederum wurde, ganz in Weiß und Rot, im Jahr 2013 mit einem schön gestalteten, einladenden Kinderbereich, Recherche-PCs, einer AV-Theke im Erdgeschoss und einem ersten Stock mit Sitzgelegenheiten eröffnet. Als größte öffentliche Bibliothek im gleichnamigen Bezirk ist sie der Hauptversorger der Region. Beide Bibliotheken liegen in Bahnhofsnähe, sind öffentlich sehr gut erreichbar und mit ihrer besonderen Atmosphäre neben dem eigenen Zuhause als „erstem Ort“ und der Ausbildungsstätte als „zweitem Ort“ ein für alle zugänglicher, neutraler, einladender „dritter Ort“ – ein Ort der Wissensvermittlung, aber auch der Entspannung und des Austauschs.
… KOMPETENTE BIBLIOTHEKSARBEIT AUF ALLEN EBENEN
Neben einer tollen Atmosphäre, der beständigen Aktualisierung und dem Ausbau des Angebotes ist dem Team besonders die ansprechende Präsentation und leichte Auffindbarkeit der Medien wichtig: Etwa 500 aktuelle Titel werden pro Monat angekauft, der Bestand laufend dem aktuellen Wissens- und Interessensstand angepasst. Gerade wird die Systematik der Kinder- und Jugendmedien sowie der Belletristik umgearbeitet. Allein deswegen sind die Bibliotheken immer „work in progress“ – auch was die Aufstellung und Nutzung des Mobiliars betrifft. Das macht die Arbeit neben dem Austausch mit den Kund:innen und der Organisation von Veranstaltungen ja so bunt und spannend – langweilig wird es wirklich nie. Zum Lesen – abgesehen von Rezensionen – kommen die Bibliothekar:innen da natürlich nicht, auch wenn viele Menschen sich die Bibliothekarsarbeit so vorstellen.
Besonderes Augenmerk wird auf die fachliche Qualifikation des Bibliothekspersonals gelegt: Wer nicht aus dem Buchhandel kommt oder eine entsprechende Ausbildung durchlief, hat die vom Büchereiverband Österreich angebotene Ausbildung zum/zur hauptamtlichen Bibliothekar:in im gehobenen Dienst absolviert. Acht Mitarbeiter:innen arbeiten in den zwei Bibliotheken, vier davon in Teilzeit. Sie nehmen regelmäßig an Weiterbildungen teil, um in der lebendigen Bibliothekslandschaft auf dem Laufenden zu bleiben, den eigenen bibliothekarischen Horizont zu erweitern und kompetent beraten zu können.
270.000 Euro jährlich für Sach- und Betriebsmittel investiert die Arbeiterkammer in beide Bibliotheken, wobei noch die Personalkosten hinzukommen. Seit 1. Jänner 2018 gibt es die 12-Euro-Jahresgebühr für Erwachsene nicht mehr, ein weiterer Schritt zur Barrierefreiheit: Vor Ort können in Feldkirch 36.000, in Bludenz 20.000 Medien entlehnt werden, ein Angebot, das durch die „AK-Bibliothek digital“ – die österreichweite AK-Plattform für digitale Medien – perfekt ergänzt wird. Dieses Service soll natürlich möglichst vielen zur Verfügung stehen. Leser:innen haben jederzeit die Möglichkeit, ihre Wünsche abzugeben. Die Bibliothekar:innen treffen ihre Auswahl anhand ihrer persönlichen Einschätzung, orientieren sich aber natürlich auch an Rezensionszeitschriften und Bestsellerlisten. Hier kommt der ÖGB ins Spiel: Das umfassende und kompetente Büchereiservice des ÖGB mit seinen hervorragenden Konditionen unterstützt die Mitarbeiter:innen in vielerlei Hinsicht großartig bei ihrer Bibliotheksarbeit, nicht zuletzt durch die schnelle Medienbeschaffung. Die Empfehlungen sowohl in der „Bücherschau“ als auch online bieten einen aktuellen Einblick und eine Orientierung bei Recherche und Bestellung, der Newsletter inspiriert zu interessanten Themenpräsentationen.
… LESEN, SCHAUEN, HÖREN, STAUNEN
Sowohl in Bludenz als auch in Feldkirch liegt ein Medienschwerpunkt auf den Kinder- und Jugendmedien. Für Jugendliche gibt es vor Ort eine gute Auswahl an Serien, auch der Sachbuchbestand ist hochaktuell besetzt mit Themen wie Klima, Nachhaltigkeit oder Geschlechtsidentität und kann auch Erwachsenen zum Einlesen in bestimmte Themen empfohlen werden.
Belletristik ist der zweite große Schwerpunkt; am stärksten vertreten sind Krimis, Thriller, Liebesromane und Historisches. Sachbücher für ältere Jugendliche und Erwachsene sind aufgrund des deutlich größeren Platzangebotes in Feldkirch zahlreich vorhanden, hier findet sich eine große Auswahl an fremdsprachigen Romanen und Biografien sowie Titel zu Sport, Handarbeiten, Kochen, Reisen, Populärmedizin, Philosophie und Psychologie, Politik, Religion, Geschichte, Buchwesen, Naturwissenschaften und Wirtschaft. In Bludenz steht dagegen ein kleines, breit gestreutes Sortiment zur Auswahl. Beide Bibliotheken führen auch Comics und Mangas (zusammen sind es über 100 Serien mit ca. 1.500 Bänden), Feldkirch hat darüber hinaus einen großen Bestand an Graphic Novels zu unterschiedlichsten Themen. Eine weitere Besonderheit von Feldkirch vor allem in Zeiten von Spotify etc. ist der Bestand an Musik-CDs und seit letztem Frühjahr an Platten.
Reißenden Absatz finden in beiden Bibliotheken die insgesamt 650 Tonies und nach wie vor die TipToi-Stifte und -Bücher, Hörspiele, Musik-CDs und DVDs für Kinder. Ergänzt wird das Angebot für die Jüngeren und ihre Betreuer:innen um Kamishibai-Bildkarten und Medienboxen sowie leihweise im Sommer in Bludenz um Brett- und Kartenspiele, alles in Feldkirch dauerhaft im Bestand. In beiden Bibliotheken wird individuell auf das Publikum eingegangen. Vereinzelt gibt es auch Kund:innen, die sowohl in Bludenz als auch in Feldkirch angemeldet sind und ganz bewusst das unterschiedliche Angebot vor Ort goutieren. Auch die Gruppe der Leser:innen, vor allem der in Feldkirch angemeldeten, die nur die digitale Bibliothek mit ihren ca. 38.000 E-Books, Audiobooks und Sprachkursen nutzt, wächst – über die LibbyApp des Anbieters Overdrive ist das jederzeit ganz unkompliziert mit allen mobilen Endgeräten möglich. Sehr beliebt ist auch der APA-Kiosk mit mehr als 400 Zeitungen und Magazinen. Zu speziell für Schüler:innen, Betriebsräte und Menschen in Gesundheitsberufen relevanten Themen kann man auch in den eigens zusammengestellten digitalen Spezialbibliotheken recherchieren. Die Anmeldung online oder in den Bibliotheken ist kostenlos, einzig Versäumnisgebühren können noch anfallen, aber die werden im Normalfall durch die Erinnerungsmail und eine schnelle Rückmeldung gut abgewendet.
SPRACHENCAFÉS UND BADE-BÜCHER
Seit 2015 finden sich, abgesehen von der Sommerpause, einmal im Monat Handarbeits- und/oder Buchinteressierte zum „Wollmaus trifft Leseratte“-Abend ein. Und seit Herbst 2022 gibt es nach dem Pilot „Sprachcafé Italienisch“ das „Sprachencafé für romanische Sprachen“ (Französisch, Italienisch, Spanisch), seit Jänner 2024 ergänzt um das „Sprachencafé Englisch und Deutsch (DaF)“. Die großartige Initialidee für das Sprachencafé hatte die italienische Mitarbeiterin, die auch gleich alles organisiert und moderiert hat – und es ist ein toller Erfolg, wie gut die Abende besucht werden.
Auch klassische Lesungen und Themenabende finden nach wie vor statt, und Feldkirch mit seinem großen Wintergarten im Erdgeschoss bietet ein schönes Ambiente dafür. Darüber hinaus kann seit etwa zwei Jahren der kleinere Wintergarten im ersten Stock durch schalldämmende Vorhänge in einen abgeschlossenen Raum verwandelt werden, dieser wird während der Öffnungszeiten für Kinderlesungen und Workshops genutzt. Neben den einmaligen Lesungen und Buchpräsentationen gibt es aber auch Gäste und Formate, die sowohl in Bludenz als auch in Feldkirch gewissermaßen schon eine Institution sind, so Alexander Kluy mit seinen „Bücherwelten“ für die Erwachsenen und die kreativen Bibliothekarinnen und Pädagoginnen mit ihrem „Leseabenteuer“ für Vorschul- und Volksschulkinder.
Geblieben ist auch das „Bade-Buch“, erstmals 2012 und seitdem jeden Sommer als Außenstelle der Bibliothek Feldkirch im Waldbad Feldkirch zu finden. Seit 2018 gibt es den mobilen Bücherwagen außerdem im Schwimmbad Val Blu in Bludenz. Wer – auch als Nicht-Kund:in – dort Bücher bzw. in Feldkirch sogar Spiele ausleihen oder sich in der Bibliothek anmelden möchte, kann das am Stand bei den Ferialpraktikant:innen schnell und unkompliziert tun.
Bibliotheksführungen mit oder ohne Thema für Schulklassen jedes Alters und Schultyps, aber auch für Kursgruppen des benachbarten BFI, der Caritas und anderen Institutionen werden gerne „gebucht“ und sind immer wieder eine Bereicherung. Auch interessante Kooperationen ergeben sich daraus – so zum Beispiel die verstärkte Nutzung der Bibliothek als Lernraum oder die Vermittlung der Medienboxen für Kindergärten. In beiden Bibliotheken zusammen fanden übrigens im Jahr 2023 insgesamt 162 Veranstaltungen und Führungen statt, die von fast 2.100 Menschen besucht wurden.
BEOBACHTUNGEN UND ERKENNTNISSE …
Die Corona-Zeit hat auch in den AK-Bibliotheken Vorarlberg einiges bewegt. Unter anderem hat sich gezeigt, wie vorteilhaft ein eigener Zugang zur Bibliothek ist, wie ihn die AK-Bibliothek Bludenz hat, während die AK-Bibliothek in Feldkirch durch das Foyer des Hauses der Arbeiterkammer erreichbar ist. Glücklicherweise hat das viele Feldkircher Leser:innen dennoch nicht davon abgehalten, das „Click & Collect“-System fleißig in Anspruch zu nehmen. Profitiert hat natürlich auch die Digitale Bibliothek, deren Entlehnzahlen seitdem vor allem in Feldkirch enorm gestiegen sind. Und die vielen positiven Rückmeldungen während der Lockdowns und nach der Wiederöffnung haben einmal mehr gezeigt, wie unglaublich wichtig Lesen und auch der zwischenmenschliche Austausch für die Kund:innen ist, dass sie die Bibliotheken als Ort der Ruhe und Treffpunkt sehr schätzen und dementsprechend vermisst haben. 2023 verzeichneten die beiden Bibliotheken 7.400 Leser:innen, mehr als 60.000 Besuche und 1.700 Neuanmeldungen – auch diese Zahlen sprechen dafür, dass Menschen Bibliotheken wollen und brauchen.
FOKUS AUF …
Nach Start des zweiten Sprachencafés liegt nun der Schwerpunkt auf den Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche, vor allem im MINT-Bereich. Die ersten Vorarbeiten für ein Angebot in der Bibliothek Feldkirch laufen, wobei auch Kooperationen ins Auge gefasst werden. Unabhängig von deren Zustandekommen ist längerfristig auf jeden Fall ein eigenständiges kleines Format geplant.
Weitere Schwerpunkte sind die Kinderlesungen, teils kombiniert mit Workshops, sowie die wünschenswerte Wiederbelebung des Lesepat:innen-Projekts, das durch Corona leider ausgelaufen ist. Das Veranstaltungsangebot ist im Raum Feldkirch, überhaupt in Vorarlberg mit seinen mobilen Bewohner:innen und dem angrenzenden Liechtenstein, enorm. Daher wird neben den gut laufenden Kinderveranstaltungen überlegt, zu welchen Themen und in welchem Umfang das Angebot an Einzel-Veranstaltungen für Erwachsene zielgruppengerechter und spezifischer gestaltet werden kann. Es bleibt also spannend!
Foto: AK-Bibliothek Bludenz, (c) Arbeiterkammer Vorarlberg