Asenbaum Elisa - interirdisch

Asenbaum Elisa - interirdisch

Veröffentlicht am 10.01.2025

Unter anderem eine Poesie der Lichtgeschwindigkeit.

Die Künstlerin und Kuratorin Elisa Asenbaum hat unter dem Titel „interirdisch“ eine beeindruckende Serie von zwölf Fotoarbeiten gestaltet, die neben kosmologischen Betrachtungen des Physikers Harald Hofer und einigen wissenschaftlichen Zitaten mit ihren unter dem selben Titel in diesem Band versammelten Gedichten korrespondieren, in denen sie sich unter anderem an einer Poesie der Lichtgeschwindigkeit versucht oder gefühlvolle Bilder für die „dunkle Kälte der Nacht“ und das Flackern des Vakuums „in der lautlosen Leere“ entwirft. Sie gestaltet schillernde Sprachgewänder „der sich dehnenden Unendlichkeit“, die den Eindruck vermitteln, wie Ewigkeit pulsiert „rundgeklummt im All“. Man erfährt, wie sich eine „erdige Perle auf der Zunge“ anfühlt, macht Bekanntschaft mit dem Garten der Arten, hört „im Unterholz der Daten“ Elektra surren und lernt, dass „Wirt_schaft/ (...) viel zu schnell zu viel (schafft)/ohne zu tun“.

Die Autorin „denkt in Raum und Substanz/ (...) fasst die Zeit in Momente“, lässt „Geisthüllen“ auf Tischen tanzen, ja sie widmet sich den „vielen Etwasse(n) der Zeiten/in den geteilten Lüften“. So wird man „oft Bote/Botin von Ungeahntem“. Denn sie versteht dichten als etwas, das „im Fühlen/eingeweicht,  (...) in Worte abgeflossen“ ist und „in Summe/angezogen/verdichtet klumpt“. „In süßer Stille herzt“ ein Gedicht ums andere die Sinne der Leserin und des Lesers. Es „knistert“ Geschichte in ihnen. Und die Bedeutungsmaschinerie ist ständig am Drehen, denn es wird mit Worten gespielt. So transformieren Sustantiva zu Verben („die weiche Frucht/die Weiche frucht“). Weil: Es könnte ja auch sein, dass „die Verben (...) gar am Aussterben sind“ und sich „Eigenschaftswörter als Substanzen“ erweisen.

Viel Weisheit strömt einem entgegen. Hinzu kommt der Eindruck, dass sich das Erinnern „weiter eingräbt ins Bewusstsein/wie eine Furche im Schnee/jedes Mal gedacht/wird sie tiefer/breiter und glatter“, als würde sich die Vergangenheit fortwährend verändern, das Damals an das Jetzt anpassen. Aber genauso gut könnte „das Erlebte/zu einer eingefrorenen Geschichte“ werden, sofern es nicht mit der Zeit „in Stücke/ (...) kurze Erinnerungsfunken“ zerfällt.

Derart pointierte Analysen durchziehen diesen gehaltvollen, zum Nachdenken über das Sein und das Seiende anregenden Band, der im ihn abschließenden Zyklus das Freisein verhandelt, das „frei sein/von den gesellschaftlichen Zwängen/von den Grenzen (des) Körpers/von den materiellen Sorgen/ (…) dem Lärm der ewigen Berieselung“.

Provokant stellt die Autorin die Frage, was Freiheit denn eigentlich kostet und „wie viel Wert“ sie hat. Und erklärt, dass sie frei sein möchte „von dem Wunsch etwas zu leisten/dem Streben nach Anerkennung/dem Anpassen und Mitspielen/ (…) dem Müssen und Wollen“. Sie bietet 21 Möglichkeiten an. Ihre Palette reicht vom Willen, „ein ungebundenes Dasein (zu) führen“ bis hin zur Absicht, immer auch „anders zu können“, wenn man bloß dahintersteht.

Am Ende der siebenmal im Dreierpack aufgelisteten Vorschläge heißt es herausfordernd: „Wählen sie nun das Richtige aus!“ – Also! Nur zu!
Andreas Tiefenbacher

Asenbaum Elisa - interirdisch
Wien: Edition fabrik.transit 2023. 124 S. - fest geb. : € 20,00 (DL) ISBN 978-3-903267-50-3

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