Baumgartner, Armin - Klopfzeichen aus der Vergangenheit

Baumgartner, Armin - Klopfzeichen aus der Vergangenheit

Veröffentlicht am 27.01.2024

Satirische und gesellschaftspolitische Erzählungen voll Überraschungen.

„Die Knochen klopften an die Fenster.“ So lautet der Schluss der Kurzgeschichte „Klopfzeichen aus der Vergangenheit“, und diese dichte Kurzprosa enthält bereits eine Botschaft, die in einigen Geschichten unmissverständlich vermittelt wird: „Niemals vergessen!“ Baumgartner erinnert auf drastisch-literarisch-erzählerische Weise an die Gräuel und an die nahezu perfekte Organisation der Nationalsozialisten.

Ganz anders aber verhält es sich mit den längeren Erzählungen im Buch. Schon der Einstieg „Prolog“ ist ein immens stimmungsvoller, bebender Text, der sich rund um ein Wort wahrlich entfaltet. „Da legte einer seine Wange auf das Wort und begann etwas zu summen, ein anderer küsste es mit seinen Lippen zärtlich, der Dritte leckte mit der Zunge an der scharfen, anthrazitfarbenen Kante entlang, kicherte hernach und suchte Anerkennung in den Gesichtern der Umstehenden. Ein Raunen stieg nun an.“

Nach der Lektüre dieser Erzählung steigt ein innerliches Raunen, Staunen und Entzücken auf. Aber Vorsicht, bei Armin Baumgartner folgen sogleich die schon am Anfang erwähnten Kurzgeschichten. Und nochmals Vorsicht, denn dann wird es satirisch und gesellschaftspolitisch, wenn zum Beispiel in den „Maßnahmenminiaturen“ eine Art literarische Corona-aufarbeitung passiert.

Am Ende des Buches finden sich drei längere Erzählungen, die ein grandioses Finale bereiten. Zuerst führt uns der Autor auf eine Bahnreise, um nochmals poetisch eindringlich an die Verbrechen der Nazis zu erinnern. Dann beginnt ein nasses Treiben durch das Streichquintett Anton Weberns, um schließlich und schlussendlich einen Klon zu schaffen, der prompt selbstbewusst seinen eigenen Weg einschlägt. Aber jederzeit lauert eine Überraschung in den Texten Armin Baumgartners. Manchmal leise, zart und unerwartet, dann wieder laut, ungestüm und voller Grollen. Ein Buch wie ein Gemälde, in dem man immer wieder eine neue Nuance entdeckt.
Rudolf Kraus

Baumgartner, Armin - Klopfzeichen aus der Vergangenheit
Erzählungen und Kurzprosa. Wien: Verlagshaus Hernals 2023. 81 S. br. : € 23,90 (DR) ISBN 978-3-903442-40-5

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