Blunck, Timo - Ein kleines Lied über das Sterben

Blunck, Timo - Ein kleines Lied über das Sterben

Veröffentlicht am 28.07.2025

Kannibalismus im Kriminalroman.

Timo Blunck ist zweifellos ein ungewöhnlicher, aber durchaus faszinierender Zeitgenosse. Der 1962 in der Nähe von Hamburg geborene Komponist, Liedtexter, Musikproduzent, Bassist, Sänger und Autor tendiert laut Eigendefinition schon sein ganzes Leben lang dazu, Genregrenzen (und wohl auch einige andere!) gezielt zu überschreiten. So präsentiert Blunck nun nicht nur seinen neuen Kriminalroman, sondern zeitgleich auch ein Musik-Album, auf dem drei Songs zu finden sind, die direkt aus der Romanhandlung entstanden sind. Wer allerdings mit dem Thema „Kannibalismus“ in Musik und Literatur wenig anfangen kann, darf das Lesen dieser Rezension an dieser Stelle ruhig beenden – denn genau diese Grenzüberschreitung steht im Mittelpunkt des Buches.

Blunck erzählt hier die Geschichte von Tom Mangold, früher Ermittler bei der Hamburger Mordkommission, mittlerweile Hundefänger mit Drogenproblemen in einer Kleingartenkolonie. Eine herrenlose Hündin, die im weiteren Verlauf sogar kapitelweise mal selbst zur Erzählerin wird, führt ihn zu einer Leiche. Gemeinsam mit der engagierten Streifenpolizistin Maja versucht Tom der Sache auf den Grund zu gehen und trifft dabei auf Josepha – eine Powerfrau mit einer ausgeprägten Wut auf Männer, die so gar nicht dem üblichen Frauenbild in Kriminalromanen entspricht.

Bluncks Sprache ist oft ironisch, manchmal auch ziemlich brutal und gelegentlich schockierend explizit. Trotzdem – oder gerade deshalb – ist er überzeugt, dass sein Krimi ein Publikum finden wird. In einem Interview mit seinem Verlag betont er, dass er mit „Ein kleines Lied über das Sterben“ die Menschen von Netflix und Apple TV zurück zum Buch holen möchte. Zugegeben, das klingt ehrgeizig – aber warum sollte man es nicht wenigstens versuchen? Glücklicherweise muss man heute Bücher mit tabunahen Themen auch in Bibliotheken nicht mehr im „Giftschrank“ einsperren. Sie dürfen offen zugänglich sein, damit jede:r selbst entscheiden kann, ob er oder sie sich darauf einlassen möchte. Und so schauen wir mal, ob nicht doch Netflix das Rennen macht …
Gerald Wödl

Blunck, Timo - Ein kleines Lied über das Sterben
Kriminalroman. Köln: Emons 2025. 320 S. - kt. : € 16,95 (DR) ISBN 978-3-7408-2426-6

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