Chung, Bora - Der Fluch des Hasen
Veröffentlicht am 26.02.2024
Geschichten voller ungewöhnlicher Ideen, Bilder und Gedankenexperimenten.
Bora Chung, 1976 in Seoul geboren, legt mit diesem Erzählband wohl eines der ungewöhnlichsten und skurrilsten Debüts des Jahres vor. Bereits in der ersten Erzählung „Der Kopf“ zieht sie den Lesenden unweigerlich in den Bann, in einen Zustand zwischen Faszination und Ekel. Als eine junge Frau eines Morgens eine Stimme aus ihrer Klomuschel hört, ein Klumpen aus Fäkal- und Toilettenpapierresten macht sich immer wieder bemerkbar und ruft nach „Mutter“. Für eine Weile, als sie heiratet, Kinder bekommt, einen eigenen Haushalt führt, hören die Besuche am stillen Örtchen auf, doch ihr „Kind“ entwickelt sich wie das Kinder so tun.
Chung, die als Übersetzerin tätig ist, spielt in ihren zehn Short Stories, mit denen sie auch den International Booker Prize nominiert war, mit Motiven und Genres. Es sind Geschichten, gespeist aus Fabeln und Märchen, Phantastik und subtilem Horror. In der titelgebenden Geschichte „Der Fluch des Hasen“ erzeugt der Familienbetrieb „zur Herstellung unheilbringender Objekte“ eine Hasenlampe, die zum Fluch zweier Familien wird.
In „Die Falle“ führt der Fund einer verletzten Füchsin zu einer Gier nach Gold und zerstört eine Familie und das Leben eines Zwillingspaars. In „Monatsblutung“ führt die Einnahme einer Antibabypille zur Schwangerschaft und der dadurch notwendigen Suche nach einem Vater, um das Kind überhaupt zur Welt bringen zu können.
Bora Chung ist neben Han Kang eine weitere spannende literarische Entdeckung aus Korea. Ihre Geschichten sind voller ungewöhnlicher Ideen, Bilder und Gedankenexperimenten. „Sie legen systemische und psychologische Wahrheiten frei“, so Insa Wilke in Deutschlandfunkkultur. Jedenfalls klug und etwas fremd sind diese Erzählungen, die noch lange nachwirken.
Julie August
Chung, Bora - Der Fluch des Hasen
Roman. Hamburg: CulturBooks 2023. 264 S. - fest geb. : € 25,50 (DR) ISBN 978-3-95988-190-6 Aus dem Korean. von Lee, Ki-Hyang
