Costa, Julia - hier
Veröffentlicht am 28.09.2023
Ein lyrischer Zyklus der Monate im Jahresverlauf.
Das poetische Debüt der Tiroler Dichterin, Sängerin und Songwriterin Julia Costa, die jahrelang in der Schweiz gelebt hat und deshalb auch Lieder in Schweizerdeutsch verfasst und performt, trägt den einfachen Titel „hier“. Doch schlicht ist der Gedichtband keineswegs, es handelt sich hierbei um einen 12-teiligen lyrischen Zyklus der Monate im Jahresverlauf. Wobei sie den Monaten zusätzlich alte, regionale Namen zuordnet, was schon im Titel dem jeweiligen Monat eine Vielschichtigkeit verleiht.
Ein anonymes Du kommt offenbar nach einer Flucht in einem fremden Land, in einer fremden Umgebung und in einer ungewohnten Form der Jahreszeit an im „hier“. Doch je mehr das Jahr durch die Jahreszeit den Lauf der Zeit geht, so entwickelt sich auch das Du und passt sich der Umgebung immer mehr an. Aber das Du kann auch phasenweise als Selbstreflexion verstanden werden, das auch autobiografische Züge haben kann, wie zum Beispiel als Tirolerin in der Schweiz oder umgekehrt.
Das Langgedicht hat immer wieder erzählende Momente, die sich mit poetischen Versen abwechseln. Im Juni dito Donnermond findet sich mitten im Gedicht eine Art poetisches Rezept, jedenfalls ein Balsam für die Seele: „diesen Schmerz heilt kein Medikament / sondern Thymian, vielleicht / zwischen den Fingern zerrieben / riechst du das? / diese Wärme“. Zu spüren ist während der Lektüre die Vorstellung des Vortrags des Langgedichts durch Julia Costa mit Vertonung (am Ende des Buches per Link sogar nachzuhören).
„erinnerst du dich an die Geräusche / die die Welt retten? / wohin könntest du schweigen / damit die Kriege ein Ende finden?“ Diesen Versen ist nichts hinzuzufügen außer dem sehnlichen Wunsch, dass Julia Costas Verse sich bewahrheiten.
Rudolf Kraus
Costa, Julia - hier
Gedicht. Graz: edition keiper 2023. Hg. von Helwig Brunner. 88 S. - br. : € 16,50 (DL) ISBN 978-3-903322-87-5