Dragosits, Martin - Ausgewählte Lyrik

Veröffentlicht am 16.06.2025
Gedichte.
Martin Dragosits hat schon in mehreren Berufsfeldern im Bereich der IT-Branche gearbeitet, nunmehr ist er als Agile Coach tätig. Aber er ist eben auch Lyriker und das bereits seit Jahrzehnten mit ausgewählten, ausgereiften Lyrikbänden, die er, bevor sie veröffentlicht wurden, immer wieder überarbeitet, bearbeitet bzw. einem Reifungsprozess unterzieht. Das tut den Gedichten wahrlich gut und nunmehr ist als Podium Porträt 131 ein Auswahlband mit Gedichten aus seinen Büchern und aus Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien erschienen.
Auf Seite 17 begegnen wir dem – so nehme ich an – Gedicht „Aufwind“ aus offenbar früheren Zeiten, schon weil es im Gegensatz zu seiner späteren Lyrik in Kleinschrift verfasst wurde:
„silbergrauer
flügelschwung
im aufwind
streift den
wendekreis
die berührungsangst
der tangente
unendlich.“
Das Vorwort hat in bewährter Weise ein Schriftstellerkollege verfasst, in diesem Fall Klaus Ebner, der ungefähr zeitgleich mit Martin Dragosits zu publizieren begonnen hat. Ebner erzählt von Dragosits‘ Arbeitsweise, dem Reifeprozess, den er seinen Gedichten angedeihen lässt und von seinem Wissens- und Lesedrang. All diese Eigenschaften lassen erstaunliche Gedichte entstehen, die sich nicht nur wie auf Seite 56 Chuzpe nennen, sondern diese auch haben. Dennoch möchte ich das Gedicht von Seite 50 zitieren, das den Titel „Vorsicht“ trägt:
„Ein Tag ohne Kuss
ist eine Pause,
der man nicht traut.
Die Engel mögen sich hüten,
uns an solchen Tagen
zu begegnen.“
Genau an solchen Tagen ist es reizvoll, dem Lyriker Martin Dragosits zu begegnen, sei es unvermutet auf der Straße oder bewusst bei einer seiner Lesungen.
Rudolf Kraus
Dragosits, Martin - Ausgewählte Lyrik
Wien: Podium, 2025. 63 S. - br. : € 6,00 (DL) ISBN 978-3-902886-88-0