Everett, Percival - Dr. No
Veröffentlicht am 28.10.2025
Ein absurd-satirischer und sprachlich hochvirtuoser Agententhriller in bester James-Bond-Manier.
Ich bin einmal über folgenden Witz gestolpert: Sitzen zwei Hochhäuser im Keller und stricken Bauklötze. Sagt das eine zum anderen: „Du, morgen ist Weihnachten.“ Antwortet das andere: „Egal, ich geh ohnehin nicht hin.“ Wenn Sie diesen absurd-abstrakten Witz lustig oder zumindest interessant finden – und darin womöglich sogar tiefere philosophische Wahrheiten vermuten –, dann könnte das jüngste satirische Werk des vom Feuilleton gefeierten Pulitzer-Preisträgers Percival Everett genau das Richtige für Sie sein.
Mit „Dr. No“ legt er einen absurd-satirischen und sprachlich hochvirtuosen Agententhriller in bester James-Bond-Manier vor. Protagonist ist Wala Kita (sein Name bedeutet: nichts nichts), ein autistischer Mathematikprofessor, der als ausgewiesener Experte für das Nichts gilt. Er soll dem schwarzen Milliardär John Sill dabei helfen, einen Schuhkarton aus Fort Knox zu stehlen, in dem sich angeblich „nichts“ befindet. Sill, laut eigener Aussage ein Oberschurke, ist bereits reich und somit mächtig. Mit dem geplanten Diebstahl will er furchtbare Rache an Amerika nehmen, das angeblich seinen Vater und seine Mutter umgebracht hat.
Ich hoffe, dass Sie mein Text bis hierher nicht allzu verwirrt hat, und dass ich die skurrile Handlung wenigstens einigermaßen korrekt wiedergegeben habe. Doch darum geht es, so mein Eindruck, ohnehin nicht primär – zumindest wenn man den enthusiastischen Stimmen renommierter Literaturkritiker:innen Glauben schenkt. Einige davon möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
„‚Dr. No‘ ist grotesk-absurde Satire, philosophischer Exkurs, Sozialkritik, Parodie und sprachliches Virtuosenstück voller Wortspielereien. Niemand schreibt besser und unterhaltsamer über nichts“ (Dagmar Kaindl, Buchkultur, 22.08.25). „Ein echter Nerdroman. Philosophische Gedanken und mathematische Exkurse fügen sich in einen Schurken-Plot ein“ (Eva Behrendt, taz, 20.09.25). „Ein schön verrücktes Buch, das die Mittel der Satire aufbietet, um den desaströsen Zustand der USA zu erfassen“ (Mario Scalla, SR, 23.08.25).
Falls Sie sich nun noch immer fragen, worum es in diesem Buch meiner Meinung nach eigentlich geht: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben bereits begriffen, worum es geht!
Gerald Wödl
Everett, Percival - Dr. No
Roman. München: Hanser 2025. 320 S. - fest geb. : € 27,95 (DR) ISBN 978-3-446-28417-3 Aus dem Amerik. von Nikolaus Stingl

