Feuchtenberger, Anke - Genossin Kuckuck

Feuchtenberger, Anke - Genossin Kuckuck

Veröffentlicht am 07.05.2024

Ein deutsches Tier im deutschen Wald.

Das literarische Motiv des Waldes verheißt Ausnahmesituationen, die Aushebelung der vertrauten Regeln, die Begegnung mit dem Fremden und Anderen: Wenn die Künstlerin Anke Feuchtenberger ihrer umfänglichen Veröffentlichung also ursprünglich den Haupttitel „Ein deutsches Tier im deutschen Wald“ geben wollte, ruft sie damit ganz bewusst komplexe Symboliken und narrative Konventionen auf.

„Genossin Kuckuck“ steht als autobiografisch geprägte Erzählung auch deshalb in der Tradition literarischer Fabeln, in denen allgemeine Lehren und Einsichten zu exemplarischen Situationen verdichtet werden: Kapitel für Kapitel entfaltet Feuchtenberger mit der Geschichte um die Freundinnen Kerstin und Effi, die in der ostdeutschen Provinz aufwachsen, ihre von phantastischen, vorsätzlich mehrdeutigen Elementen durchzogene Verhandlung von Gewalt, Geschichte und Identität. Die Geheimnisse der Erwachsenenwelt zeigen sich in Feuchtenbergers eindringlichen Zeichnungen dabei nicht selten als Unheimlichkeit, die sie in einem Wechsel aus ruhigem Schwarz und drastischem Rot ausführt. Doch anstatt auf diesem Weg Formen der Wiederholung zu praktizieren und die prägenden, traumatischen Spuren zu bestätigen, setzt Feuchtenberger auf Strategien der Aneignung und Umschreibung. Der künstlerische Prozess wird bei ihr als heilsame Aufarbeitung lesbar.

„Genossin Kuckuck“ ist eine beeindruckende Auseinandersetzung mit möglicher Gemeinschaft, unmöglicher Heimkehr und nicht zuletzt auch mit der Erzählbarkeit von Zeit.
Thomas Ballhausen

Feuchtenberger, Anke - Genossin Kuckuck
Ein deutsches Tier im deutschen Wald. Berlin: Reprodukt 2023. 448 S. - fest geb. : € 45,30 ISBN 978-3-95640-346-0

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