Gilbert, Elizabeth - All the Way to the River

Gilbert, Elizabeth - All the Way to the River

Veröffentlicht am 30.10.2025

Eine schonungslos offene Lebensbeichte.

„Dieses Buch ist der Versuch, die volle Verantwortung für mein Leben zu übernehmen.“ Das schreibt Elizabeth Gilbert, Bestsellerautorin von „Eat, Pray, Love“, die im Jahr 2000 Rayya Elias, Tochter syrischer Einwanderer, in New York kennenlernt. Von Anfang an spüren die beiden Frauen eine immense gegenseitige Anziehungskraft, und sie werden über die Jahre beste Freundinnen. Liz (Elizabeth Gilbert) hält ihre aufkeimende Liebe für die lesbische Rayya lange geheim, wird aber nicht müde, die von einer jahrelangen Drogensucht genesene Rayya mit fast rauschhaften Wortkaskaden auf ein Podest zu heben. Mit schonungsloser Offenheit gesteht Liz ihren Leserinnen und Lesern, dass sie liebes- und sexsüchtig ist und bei der außergewöhnlichen, unangepassten Rayya die emotionale Sicherheit findet, nach der sie ein Leben lang gesucht hat.

Als bei Rayya, die als Folge ihrer Drogensucht an Hepatitis C leidet, im Jahr 2016 Tumore in Leber und Bauchspeicheldrüse gefunden werden, verlässt Liz ihren Ehemann, um der Freundin nicht nur ihre Liebe zu gestehen, sondern um bis zu ihrem Tod bei ihr zu bleiben. Die beiden Frauen wollen die letzten Monate von Rayyas Leben voll auskosten, gehen auf Reisen, sind oft high und geben sich ihrer ungezügelten Erotik hin. Als jedoch die Nebenwirkungen der Chemotherapie immer unerträglicher werden, greift Rayya wieder zu harten Drogen, wird aggressiv und stößt Liz immer wieder von sich.

Am 4. Jänner 2018 stirbt die Regisseurin und Autorin Rayya Elias 58-jährig, aber Elizabeth Gilberts Lebensbeichte ist damit noch nicht zu Ende. Sie erzählt vom furchtbaren ersten Trauerjahr, das von Drogenmissbrauch und Alkoholexzessen, aber auch von der Notwendigkeit, Geld zu verdienen, geprägt war. Dann beginnt ihr langsamer Weg der Genesung, dessen Ziel es ist, eine gesunde Beziehung zu sich selbst aufzubauen.

Die Wucht, mit der Elizabeth Gilbert diese Geschichte präsentiert, ist manchmal schwer zu ertragen, und nicht selten stellt sich beim Lesen das Gefühl ein, dass schonungslose Offenheit in verstörenden Seelenstriptease umschlägt. Dazwischen aber gibt es leise, wohltuende Töne, die einen motivieren, das Buch bis zur letzten Seite zu lesen.
Ida Dehmer

Gilbert, Elizabeth - All the Way to the River
Frankfurt: S. Fischer 2025. 464 S. : zahlr. Ill. - fest geb. : € 26,95 (DR) ISBN 978-3-10-397180-4 Aus dem Amerik. von Britt Somann-Jung

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