Gstättner, Egyd - Der große Gogo
Veröffentlicht am 31.01.2024
Ein unterhaltsamer Roman um einen fiktiven Fußballer, nicht nur für eingefleischte Fußballfans.
Das Jahr 1982 war ein denkwürdiges Jahr! Es hing Politik in der Luft! Bundeskanzler Kreisky sah keinen Anlass, die Nationalratswahlen im kommenden Jahr vorzuverlegen, der tschechoslowakische Staats- und Parteichef Gustav Husák kam zu Gesprächen nach Wien, der freiheitliche Abgeordnete Haider hatte gemeinsam mit Wirtschaftsfachleuten ein Paket zum Privilegienabbau bei Politikern erstellt und Otto von Habsburg feierte seinen Siebziger … Egyd Gstättner, der Autor dieses Buchs, belässt es keinesfalls beim politischen Getöse dieses Jahres. Das ist auch nicht die Absicht dieses überaus gelungenen Romans. Im Gegenteil.
In dessen Mittelpunkt steht ein fiktiver Fußballer aus dem Kärntnerland, der zu seiner und zur völligen Überraschung der damaligen Fußballszene als Spieler von Austria Klagenfurt in das österreichische Fußballnationalteam einberufen wurde. Dies noch dazu zu einem Qualifikationsspiel für die Fußballweltmeisterschaft. Der Gegner: Türkei. Der Austragungsort: Das Wiener Hanappi-Stadion. Geschickt, gefinkelt, voll verdecktem Humor, aber auch tief berührend, schildert Gstättner das wechselvolle Schicksal seines unfreiwilligen Fußballhelden namens „Goggerwenig“. Dieser machte über weite Strecken des Spieles keine schlechte Figur auf dem Feld, wurde allerdings von einem türkischen Spieler schwer gefoult und musste ausscheiden: „Aber in der fünfundfünfzigsten Minute wälzte sich der bärtige Klagenfurter mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Feld und wurde vom Platz getragen.“ Ein Seitenbandriss. Operation. Mit dem Fußball war es vorbei.
„Gogo“ gab in der Folge auch im Privatleben eine tragische Figur ab, nachdem ihn seine geliebte Gattin Gudrun verlassen hatte. „Ich hatte noch knapp vier Jahre zur Pension, als die Gudrun eines Tages schluchzend von der Schule nach Hause kam und mir unter Tränen erklärte: ‚Ich liebe dich nicht mehr! Ich verlasse dich, ich ziehe aus.‘“ „Der große Gogo“ meidete jahrelang die Fußballplätze, bis er schließlich wieder die Liebe zum „Laberl“ als nostalgischer Zuschauer in das neu errichtete Kärntner Stadion findet.
Ein Schelm, der nach dieser Lektüre nicht in der österreichischen Fußballhistorie herumkramt und auf die Suche nach dem tatsächlichen „Gogo“ geht. Dabei stößt man unweigerlich auf das WM-Qualifikationsspiel Österreich gegen die Türkei am 17.11.1982 im Hanappi-Stadion. Mit von der Partie der umjubelte Kärntner Stürmerstar Günther „Gogo“ Golautschnig. Die damalige Mannschaftsaufstellung: Koncilia, Kraus, Weber, Pezzey, Degeorgi, Gasselich, Obermayer, Prohaska, Polster, Golautschnig, Schachner. Auf der Ersatzbank: Jurtin, Pacult, Feurer, Pichler, Lainer. Teamchef: Erich Hof. „Der große Gogo“ ist eine wirklich empfehlenswerte, unterhaltsame Lektüre. Nicht nur für eingefleischte Fußballfans!
Adalbert Melichar
Gstättner, Egyd - Der große Gogo
oder: Das Spiel des Lebens. Roman. Wien: Picus. 2023 154 S. - fest geb. : € 22,95 (DR) ISBN 978-3-7117-2138-9
