Gundar-Goshen, Ayelet - Ungebetene Gäste
Veröffentlicht am 05.11.2025
Ein Roman, der zeigt wie gesellschaftliche Spaltung, Hass und Gewalt das Leben der Menschen vergiften.
Die Ausgangssituation könnte schlimmer nicht sein: Naomi, eine junge jüdische Mutter, ist mit ihrem kleinen Sohn Uri und einem arabischen Arbeiter allein zuhause. Als dieser auf der Toilette ist, krabbelt der Kleine in einem unbeaufsichtigten Moment auf den Balkon und stößt dort einen Hammer aus dem fünften Stock in die Tiefe. Der trifft den 17-jährigen Sohn des Lebensmittelhändlers aus dem Viertel und tötet ihn. Sofort wird von einem terroristischen Anschlag ausgegangen, und der arabische Arbeiter wird verhaftet.
Als Juval, Naomis Mann, nach Hause kommt, ist er zunächst erleichtert, dass Frau und Kind offensichtlich wohlauf sind. Naomi ist jedoch geschockt und kann die Wahrheit nicht sagen, auch dann nicht, als der ahnungslose Sohn des arabischen Arbeiters in der Wohnung erscheint, um seinem Vater das Mittagessen zu bringen. Juval schickt ihn weg, doch auf der Straße wird der Junge für einen weiteren Terroristen gehalten und brutal zusammengeschlagen. Juval kann das Schlimmste verhindern und die hasserfüllte Meute von ihrem Irrtum überzeugen. Er bringt den Jungen in dessen arabisches Dorf, wo er selbst von Hunden angefallen und verletzt wird. Erst drei Tage nach dem schrecklichen Vorfall schafft es Naomi, zur Polizei zu gehen und die Wahrheit zu sagen. Sie wird – ebenso wie der arabische Arbeiter – angeklagt, kann sich aber einen teuren Anwalt leisten, der verspricht, sie erfolgreich zu verteidigen.
Da kommt ein berufliches Angebot für Juval wie gerufen. Er soll in der nigerianischen Hauptstadt Lagos eine Bergungseinheit für israelische Militärs aufbauen, die dort die einheimischen Luftwaffenpiloten schulen. Doch die traumatischen Erlebnisse folgen der kleinen Familie auch nach Lagos. Naomi leidet an einer Depression, Uri hat Alpträume, aus denen er schreiend erwacht, und Juvals Versuch, den „Tag der Hunde“ zu verdrängen, scheitert. Ayelet Gundar-Goshen, selbst Psychologin und Traumatherapeutin, beleuchtet aber nicht nur Naomis Geschichte, sie widmet sich auch dem Lebensmittelhändler, der seinen Sohn verloren hat, und der arabischen Familie, die mit den ungerechtfertigten Anschuldigungen gegen ihren Vater und den hohen Geldforderungen leben müssen. Dann ist da noch Nogi, die israelische Therapeutin in Lagos, mit der Juval eine besondere Geschichte verbindet.
„Ungebetene Gäste“ ist alles andere als ein Wohlfühlroman, denn er zeigt auf jeder Seite wie gesellschaftliche Spaltung, Hass und Gewalt das Leben der Menschen vergiften. Gerade jetzt, da der Nahostkonflikt die politischen Nachrichten beherrscht, kann dieses Buch Einsicht, aber auch Verständnis für die Menschen bringen, die mit diesem Konflikt leben müssen.
Ida Dehmer
Gundar-Goshen, Ayelet - Ungebetene Gäste
Roman. Zürich: Kein & Aber 2025. 314 S. - fest geb. : € 26,95 (DR) ISBN 978-3-0369-5063-1 Aus dem Hebr. von Ruth Achlama

