Heger, Moritz - Die Zeit der Zikaden
Veröffentlicht am 23.01.2025
Roman zur Auseinandersetzung zwischen zwei Menschen, Mann und Frau, dazu Vater und Tochter, alt und jung.
Es ist erstaunlich, wie ein Mann sich in die Gefühlswelt einer älteren Frau versetzt oder es zumindest versucht. Ist es deswegen, weil der Autor Moritz Heger auch als Lehrer arbeitet und Theaterwissenschaften studiert hat? Weil seine Hauptfigur ist Alex, die 36 Jahre lang Lehrerin war. Nun wagt sie den Schritt und beendet ihr Berufsleben und auch die Arbeit am Schülertheater.
Sie kauft sich ein Tinyhouse, um wirklich neu zu beginnen. Aber wie es weitergehen soll, ist ihr noch nicht ganz klar (Zitat: „Ein Standbein wird sie so schnell nicht brauchen. Kann man das haben, zwei Spielbeine?“). Sie wird zu einer Hochzeit eingeladen und trifft dort auf Johann, Bestatter von Beruf. Auch er ist gerade dabei, sein Leben zu ändern. Den Betrieb übernimmt sein Sohn und er zieht sich in ein altes, ererbtes Steinhaus in Ligurien zurück. Dorthin lädt er spontan Alex ein und ... sie kommt. Um zu bleiben? (Zitat: „Wohnen muss nicht Wurzelschlagen heißen. Wohnen bedeutet für sie, dass es konzentrische Kreise zwischen Ich und Welt, eine Art Treppe, gibt“).
Der Roman ist keine späte Liebesgeschichte, oder doch? Es ist eine Auseinandersetzung zwischen zwei Menschen, Mann und Frau, dazu Vater und Tochter, alt und jung, Gemeinsamkeit und Alleinsein (wollen), Nähe und Distanz. Und auch die Frage, wie man mit seinem „Rest“-Leben umgehen möchte. Eine vielschichtige Erzählung, die mit der Botschaft des ehemaligen Besitzers des alten Hauses („Finde die Zikade“) nicht nur ein Rätsel lösen will. „Das wissen wir hinterher. Nicht nur, ob es gut ausgegangen ist. Auch was der gute Ausgang überhaupt ist.“
Renate Schediwy-Oppolzer
Heger, Moritz - Die Zeit der Zikaden
Roman. Zürich: Diogenes 2024. 301 S. - fest geb. : € 25,50 (DR) ISBN 978-3-257-07274-7