Heinichen, Veit - Beifang

Heinichen, Veit - Beifang

Veröffentlicht am 23.09.2024

Commissario Laurenti hat noch einiges zu tun.

Auch für Proteo Laurenti scheint das Arbeitsleben nun in die Zielgerade zu gehen. Zumindest macht sein Schöpfer, der uns allen wohlbekannte Bestsellerautor Veit Heinichen, diesmal einen Handlungsstrang auf, der auf einen baldigen Pensionsantritt des liebenswerten Triestiner Polizeibeamten hindeuten könnte. Ein solcher würde wohl aber gegen den erklärten Willen Laurentis erfolgen, denn der fühlt sich nicht alt und ausgebrannt, sondern fit und tatendurstig. Daher lehnt er eine Befassung mit dem Thema Ruhestand auch kategorisch ab. Als er beim morgendlichen Tauchgang eine Wasserleiche im Meer findet, legt er einmal mehr unverzagt mit seinen Ermittlungen los.

Diese führen ihn bald zu einem guten Bekannten, dem alten und reichen Raffaele Raccaro, der in Triest aus dem Verborgenen heraus viele kriminelle Fäden zieht. Fäden, die die Stadt schon seit langer Zeit politisch und wirtschaftlich in ihrer Entwicklung lähmen, da sie nur auf die Zementierung von Profitinteressen einer kleinen, gut etablierten multinationalen Minderheit ausgerichtet sind – und da hat man natürlich untereinander so seine hilfreichen Kontakte. Ob diese Raccaro auch diesmal wieder helfen werden, einer gerechten Strafe für seine hinterhältigen kriminellen Machenschaften zu entgehen – bitte lesen Sie selbst!

Für mein Empfinden gibt es im Genre Kriminalroman zwei große Gruppen von Büchern: Die einen bestechen durch eine rasante Handlung, Ermittlerfiguren mit großem Action-Potenzial und/oder durch außergewöhnliche Plots, die der Geschichte zugrunde liegen. Die anderen lassen es bei der Handlung deutlich ruhiger angehen und zeichnen die handlungstragenden Personen meist als liebenswerte Alltagsmenschen, die in einer Umgebung agieren, wo wir als Leser:in gerne auch mal auf Urlaub hinfahren würden. Heinichens Laurenti-Krimis, mit denen er seit mehr als 20 Jahren verlässliche Bestseller abliefert, gehören eindeutig zur zweiten, von mir sehr geschätzten Kategorie.

Sie werden hier daher sicher nicht aufgrund unerträglicher Spannungsgeladenheit der Handlung zu Beruhigungspillen greifen müssen und die Figur des Commissario ist die eines Familien- und Genussmenschen, der seiner Heimatstadt Tag für Tag unaufgeregt dient. Triest, der Karst und die italienische und kroatische Küstenlinie dienen Veit Heinichen schon lange als eine Art Kulisse, vor der er uns immer wieder gesamteuropäische soziale, wirtschaftliche und politische Probleme eindrücklich, doch ohne erhobenen Zeigefinger vor Augen führt. So auch im Gespräch mit seiner Assistentin Marietta, zu der er im Finale des Romans hoffnungsvoll sagt: „… Vielleicht kommt bald der Tag, an dem niemand mehr am Stillstand verdient“ und sie antwortet: „Da sehe ich schwarz. Daran verdient man doch am meisten, und damit gewinnt man Wahlen. … Der Erfindungsgeist der Schlaumeier findet doch nie ein Ende.“

Doch solange Laurenti seine Flossen nicht endgültig ins Trockene legt, können sich die Schlaumeier in Triest und Umgebung weiterhin warm anziehen.
Gerald Wödl

Heinichen, Veit - Beifang
Commissario Laurenti hat noch einiges zu tun. München: Piper 2024. 300 S. - fest geb. : € 23,50 (DR) ISBN 978-3-492-07063-8

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