Henisch, Peter - Nichts als Himmel

Henisch, Peter - Nichts als Himmel

Veröffentlicht am 11.03.2024

Roman um eine menschliche Lebenskrise und um eine Suche auf einem steinigen Weg.

„Als ich hier angekommen bin, auf dem Parkplatz vor der Stadtmauer, hat die Luft über dem Asphalt gezittert. Jetzt fallen schon die Blätter von den Platanen“ (Zitat, Seite 7). Peter Henisch, ein Altmeister der Erzählkunst, lädt uns mit seinem neuesten, überaus stimmigen und seelisch tiefgründigen Roman zu einem Abstecher nach Italien ein. Dort treffen wir auf Paul Spielmann. Dieser beschließt nach der Scheidung seine Stelle als Lehrer für Mathematik und Musik über Bord zu werfen. Nachdem auch sein Comeback als Liedermacher scheitert, entschließt er sich, das mehrmalige Angebot seiner Therapeutin Julia und deren Ehemann Marco, eine seelische Auszeit in ihrer italienischen Ferienwohnung in San Vito zu nehmen, nicht mehr abzulehnen. Obwohl Paul sehr rasch erkennen muss, dass es das verträumte, lauschige San Vito so nicht mehr gibt.

Seine neue Bleibe, ein von Touristen völlig überlaufenes Städtchen! Aber er findet in seinem Refugium auf der Terrasse hoch über den Dächern auf seine Art Ruhe und Zeit zur Muße. Geruhsame Blicke und Gedankenflüge über die Dächer der Stadt – und über ihm nichts als der Himmel. Zu ebener Erde einzigartige Spaziergänge und -fahrten, Beisammensein mit netten, gastfreundlichen Menschen und tatsächlich auch ein, wenn auch ein wenig skurril anmutendes Liebesgeplänkel mit einer flotten Künstlerin. Bis eines Tages Abdallah, ein Häftling auf der Flucht vor seinen Verfolgern, mit gezogener Pistole vom Dach des Hauses auf die Terrasse springt und Paul zur Gewährung eines sicheren Unterschlupfes zwingt.

„Nichts als Himmel“ ist ein bittersüßer Roman, in dem es um eine menschliche Lebenskrise geht, um Stillstand, um eine Abwendung vom Lebensalltag und um die Suche auf dem steinigen Weg zu einer neuen Persönlichkeit. Es ist auch als Melodram eines Menschen zu lesen, der Menschen uneingeschränkt liebt, der die Beziehung zu Menschen sucht, der aber stetig durch ein schier unbändiges Schicksal von ihnen abgewiesen wird. Nachdem auch die entstandene Freundschaft zu Abdallah an der Lebensrealität zerbrechen muss, sind es die Tauben auf dem Terrassendach, denen Paul letztendlich in einem Zwiegespräch seine tief verwurzelte Enttäuschung entgegenschleudert: „Was hast DU? fragen die Tauben. Was geht sie das an? Was hast DU? wiederholen sie. Nichts, sage ich. Was hast DU? Was hast DU? Es hat nichts zu bedeuten. Wer bist DU? Wer bist DU? Lasst mich in Ruhe, sage ich.“
Adalbert Melichar

Henisch, Peter - Nichts als Himmel
Roman. Salzburg: Residenz 2023. 227 S. - fest geb. : € 26,95 (DR) ISBN 978-3-7017-1776-7

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