Jones, Gayl - Evas Mann

Jones, Gayl - Evas Mann

Veröffentlicht am 01.12.2025

Ein feministischer, radikaler Klassiker der afroamerikanischen Literatur.

Gayl Jones gilt vielen als die größte vergessene Schriftstellerin Amerikas. Die 1949 in Kentucky gilt seit ihrem 1975 im Alter von 25 Jahren veröffentlichten Debütroman „Corregidora“ (ebenfalls im Kanon Verlag erschienen) als Kultbuch. Die darin erzählte Geschichte der Blues-Sängerin Ursa, die von ihrem Hass auf den Sklavenhalter aus dem 19. Jahrhundert verzehrt wird, der sowohl ihre Großmutter als auch ihre Mutter gezeugt hat, wurde von Toni Morrison ebenso hoch gelobt wie von James Baldwin und John Updike.

Ihr zweiter Roman „Evas Mann“ (original 1976 erschienen) stieß auf weniger Aufsehen. Jones erzählt hier die Geschichte der schwarzen Frau Eva Medina Canada, die wegen Mordes an ihrem Liebhaber im Gefängnis sitzt. Aus dieser Perspektive, während sie in der Gefängnispsychiatrie auf den Prozess wartet, erzählt sie in Rückblenden aus ihrem Leben. Etwa wie sie schon als Kind von einem Nachbarsjungen sexuell missbraucht und von Freunden und Verwandten ständig belästigt worden ist, wie Männer sie fast ausschließlich als Objekt behandelt haben und wie sie dann beginnt, sich dagegen zu wehren. Nur knapp entgeht sie öfters einer Vergewaltigung.

Als sie schließlich Davis, der als einziger rücksichtsvoll mit ihr umgegangen ist, brutal entmannt, so kann man dies durchaus als eine symbolische Revolte gegen all die anderen Männer, die sie bedrängt und genötigt haben, und gegen alle Männer an sich sehen. Es ist naturgemäß nur eine Befreiung für sie. Die seelischen Verletzungen, die sie erleben musste, sitzen zu tief. Je länger sie monologisiert, umso sprunghafter und zusammenhangloser werden ihre Erinnerungen, bis sie, so scheint es, nach und nach wegdriftet – großartig geschildert in Art eines Bewusstseinsstroms.

Auch sprachlich (großartig übersetzt von Pieke Biermann) ist „Evas Mann“ ein außergewöhnlich kraftvoller RomanG, der Geduld, Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich auf eine nicht-lineare, psychologisch dichte Erzählweise einzulassen, fordert – die belohnt wird. Der Roman ist ein literarisches Kunstwerk, das lange nachwirkt und ein feministischer, radikaler Klassiker der afroamerikanischen Literatur.
Christine Hoffer

Jones, Gayl - Evas Mann
Roman. Berlin: Kanon 2025. 187 S. - fest geb. : € 23,95 (DR) ISBN 978-3-98568-052-8 Aus dem Amerikan. von Pieke Biermann

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