Jordis, Homa - Das Blaue Haus
Veröffentlicht am 22.02.2024
Die Widerstandsgruppe Maier-Messner-Caldonazzi.
Durch Zufall erfährt die Besitzerin des Blauen Hauses, dass ihre liebevoll renovierte Villa ein dunkles Geheimnis birgt. Sie beginnt zu recherchieren (über zwei Jahre lang) und deckt eine unglaubliche Geschichte auf. Sie liest sich wie das Drehbuch zu einem James-Bond-Film aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Spionage, Verrat und eine schöne Frau. Alles aber nicht erfunden, sondern die bittere Wahrheit.
Es geht um die Widerstandsgruppe Cassia, in der der Besitzer des Hauses tätig war. Franz Messner war ein cleverer, kluger und sicher charismatischer Mann, Generaldirektor der kriegswichtigen Semperit-Werke. Er kam offenbar anfangs relativ gut mit dem NS-Regime aus und erwarb so günstig die arisierte Villa. Durch Beziehungen zu Brasilien häuft er ein Vermögen an und handelte mit Kaffee und Orangen. Er ist ein wichtiger Mann für die Nazis und so sollte er 3000 Tonnen Kautschuk nach Europa bringen. Aber er wird von den Franzosen verhaftet und zum Tode verurteilt.
Eigenartigerweise kommt er wieder frei und kehrt nach Österreich zurück. Aber seine Einstellung zu den Nazis ändert sich, er wird zum Widerstandskämpfer, Spion und Boten für die OSS (Office of Strategic Services). Er will dadurch den Krieg verkürzen und das NS-Regime zerstören. Aber er wird verraten, verhaftet, verurteilt und knapp vor Kriegsende am 20. April 1945 in Mauthausen vergast. Mit ihm geht auch Heinrich Meier, ein Theologe und Pfarrer, in den Tod. Er stirbt unter dem Schafott. Auch der junge Tiroler Walter Caldonazzi wird ermordet. An ihn erinnert die Walter-Caldonazzi-Straße in Wien. Für Heinrich Meier wurde ein Ehrengrab errichtet, nur H.J Messner verschwand in der Vergessenheit.
Es ist Frau Homa Jordis zu verdanken, dass die Geschichte der Widerstandsgruppe und besonders das dramatische Leben des Franz Messner wieder ans Tageslicht gekommen ist. Die Belege, Dokumente und Beweise sind zu einem großen Teil in den verschiedensten Institutionen vorhanden, man kann sie im Buch nachlesen. Eine Kartei des Schreckens. Die Autorin hat intensiv geforscht, keine Kosten und Mühen gescheut und die Fakten zusammengesucht.
Das Buch ist ein großartiges Dokument über eine schreckliche Zeit. Es ist gut, dass Homa Jordis „hingesehen“ und sich um die Wahrheit bemüht hat. Es sind erschütternde, dramatische Lebensgeschichten, die meist mit einem grausamen Tod endeten. Aber es ist wichtig, dass sie niedergeschrieben wurden. Das Buch ist spannend und packend, man liest es atemlos. Der Autorin ist es auch zu verdanken, dass eine Gedenktafel für Franz Josef Messner am Zaun ihres Hauses angebracht wurde.
Renate Oppolzer
Jordis, Homa - Das Blaue Haus
Die Widerstandsgruppe Maier-Messner-Caldonazzi. Wien: Böhlau 2023. 300 S. : zahlr. Ill. - fest geb. : € 36,95 (GE) ISBN 978-3-205-21833-3