Kadletz, Barbara - Schattenkühle

Kadletz, Barbara - Schattenkühle

Veröffentlicht am 04.04.2024

Ein Wienerwald-Roman.

„Zweifellos werden nach meinem Tode, wenn mein Mund verstummt und mein Arm erlahmt ist, noch mancherlei Märchen von sensationslüsternen Lügenseelen über den einstigen Kampf um den Wienerwald erfunden und gesponnen werden! Das läßt sich nicht ändern!“ Dieses Zitat aus Joseph Schöffels „Erinnerungen aus meinem Leben“ aus dem Jahre 1905 ziert die Rückseite des von Barbara Kadletz vorgelegten Romans. Und es könnte die Autorin zu ihrem neuen Roman geradezu inspiriert haben.

Denn die Autorin erzählt in ihrem Roman tatsächlich ein Märchen, in dem der in Wirklichkeit bereits 1910 verstorbene Wienerwaldretter Joseph Schöffel, eine historisch belegte Figur, in unseren Tagen unerwartet auf seinen Namensvetter Josef Schöffel trifft. Der ist von seinem Bürgermeister beauftragt, ein nachhaltiges Bürogebäude im Wienerwald zu errichten. Er droht, bei dieser Aufgabe aber nicht nur an zwei Umweltaktivisten, die die Baustelle hartnäckig besetzt halten, zu scheitern, sondern auch an sich selbst. Hin und her gerissen zwischen dem Bemühen es allen ihm nahestehenden Menschen recht zu machen, insbesondere seiner Großmutter und seinem Wunsch nach Sprengung aller ihn beengenden Fesseln, erlebt er im Zusammentreffen mit dem Wienerwaldretter märchenhafte Momente, die letztlich zu einer Beendigung des Bauprojekts führen. Nun wurde also der Wienerwald – symbolisch gesprochen – ein zweites Mal von gleich zwei Schöffeln gerettet.

Nach der Lektüre dieses zweiten Romans von Barbara Kadletz finde ich mich in einer gewissen Ratlosigkeit wieder. Einerseits schätze und bewundere ich ihre Erzählkunst und Sprachmächtigkeit, die wohl auch auf eine äußerst gute Beobachtungsgabe zurückzuführen sind. Andererseits komme ich trotz der erzählerischen und sprachlichen Qualitäten des Romans nicht so recht in die dabei eigentlich zu erwartende emotionale Verbindung mit der erzählten Geschichte. Ob es vielleicht schlicht an der simplen und auch durch manch märchenhaft anmutende Stelle kaum an Fahrt gewinnenden Handlung des Romans liegt? Ich kann es Ihnen bei bestem Willen nicht sagen. „Schattenkühle“ hinterlässt mich also offensichtlich in einer unauflösbaren Zwickmühle, die mich zögern lässt, eine klare Empfehlung auszusprechen. Es könnte sein, dass dieses Buch Ihre ganz persönliche Entdeckungsreise erfordert, um angemessen eingeordnet werden zu können.
Gerald Wödl

Kadletz, Barbara - Schattenkühle
Ein Wienerwald-Roman. Wien: Edition Atelier 2024. 228 S. - fest geb. : € 25,95 (DR) ISBN 978-3-99065-109-4

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