Karlweis, Marta - Die Insel der Diana

Veröffentlicht am 12.06.2025
Roman über einen weiblichen Don Quijote.
„Von allen Fehlern der Menschen ist Selbstüberhebung der gröbste, von allen Tugend Bescheidenheit die feinste. Lerne den einen zu vermeiden und die anderen zu erwerben, so werden die Menschen dich lieben und achten.“ Die Worte des geliebten, verstorbenen Vaters Freiherr von Cesarini prägen Diana, die titelgebende Heldin von Marta Karlweis Debütroman aus dem Jahre 1919.
Die Tochter aus gutem Hause wird auf Wunsch des Vaters wie ein Knabe erzogen und nach dem Tod der Mutter in die Obhut eines Vormundes übergeben, der sie mit seinem ältesten Sohn Stephan verheiratet. Während Diana das Natürliche, Freiheitsliebende repräsentiert, steht Stephan für das untergehende Großbürgertum. Er betrügt Diana, spekuliert, führt ein luxuriöses Leben als Erbe, wird aber an seinen Depressionen und dem fehlenden Sinn in seinem Leben scheitern. Diana bricht jedenfalls auf, um das Erbe des Vaters (eine von Malaria verseuchte Mittelmeerinsel) wieder zum Blühen zu bringen und an alternative, bessere Lebensentwürfe zu glauben.
Es sind die Einflüsse dieser prägenden Zeit des letzten Jahrhunderts zu spüren. Karlweis ist beispielsweise Thomas Mann begegnet, hat an C.G. Jungs Vorlesungen teilgenommen und durch die schriftstellerische Karriere ihres Mannes am Puls der Zeit gelebt. Karlweis, Tochter des Dramatikers Carl Karlweis, verkehrt in den Kreisen der Berta Zuckerkandl, wo die Avantgarde der Zeit sich trifft, Schnitzler, Hofmannsthal, Mahler, Klimt, um wahllos nur einige zu nennen. 1919 lernt sie Jakob Wassermann kennen, den sie 1926 heiratet und mit dem sie fortan in Altaussee lebt. Nach seinem Tod übersiedelt sie in die Schweiz und 1938 nach der Machtübernahme Hitlers in Österreich geht sie ins Exil nach Kanada, wo sie als Psychotherapeutin und Biografin Wassermanns tätig ist.
Marta Karlweis wurde sehr widersprüchlich rezipiert, wie Johann Sonnleitner in seinem lesenswerten Nachwort „Diana, ein weiblicher Don Quijote“ schreibt und darin auf einen Dialog zwischen Diana und ihrer Freundin Helene im Roman Bezug nimmt. Der junge und inzwischen erfolgreiche Verlag „Das vergessene Buch“ hat bereits Maria Lazar wiederentdeckt und erfolgreich etabliert, vielleicht gelingt es auch Marta Karlweis posthum zu ermöglichen, einen ihr gebührenden Platz in der Literaturgeschichte einzunehmen.
Julie August
Karlweis, Marta - Die Insel der Diana
Ein Roman. Wien: DVB 2025. 480 S. - fest geb. : € 28,95 (DR) ISBN 978-3-903244-45-0