Kraus, Rudolf - wenn ich am morgen schon abends
Veröffentlicht am 05.12.2025
Gedichte.
In seinem neuen Gedichtband mit dem hintersinnigen Titel „wenn ich am morgen schon abends“ versammelt Rudolf Kraus überwiegend Texte, die sich mit Kindheit, Aufwachsen, Lebenserfahrungen, Lebensabläufen, dem Entschwinden von Lebenszeit und Vergehen widmen. Da ist es kein Zufall, das die erste Zeile mit „es war einmal“ beginnt und das Buch schließt mit „wenn am ende / nur ein gedicht / die seele eines menschen berührt / dann kann ich / mich ja in ruhe / verziehen“.
Die kurzen Gedichte, klug komponiert und doch leicht und raffiniert sprachspielerisch daherkommend, können durchaus treffend als sophisticated bezeichnet werden (wofür es, worauf der Autor hinweist, keine passende deutsche Übersetzung gibt). Denn, auch wenn die Texte naturgemäß von einer feinen Melancholieschicht überzogen sind, gelingt es Rudolf Kraus doch immer wieder sie mit der für ihn typischen subtilen Ironie zu erhellen. Driften sie auch manches Mal in ein ausweglos scheinendes Gelände ab: „manche meinen / ich sei gescheit / ich meine / ich bin gescheitert“, nimmt sich schließlich „die ewigkeit (..) zeit / die zeit die / es braucht / um sie zu verstehen.“
Diesen schönen kleinen Gedichtband schmücken Bilder seines Freundes Kurt Giovanni Schönthaler, der während der Planung ihrer gemeinsamen Arbeit am Buch verstorben ist und dem Rudolf Kraus berührend „Tausend Rosen“ nachreicht. Zeitgleich ist übrigens auch ein zweiter Gedichtband von Rudolf Kraus erschienen, gemeinsam mit Mehrzad Hamzelo, zweisprachig auf Farsi und Deutsch: „Mit zwei Zungen“ (edition fabrik.transit).
Georg Pichler
Kraus, Rudolf - wenn ich am morgen schon abends
Gedichte. Wien: Verlagshaus Hernals 2025. 75 S. - kt. : € 24,95 (DL) ISBN 978-3-903442-59-7

