Merkel, Angela - Freiheit

Merkel, Angela - Freiheit

Veröffentlicht am 26.02.2025

Erinnerungen 1954-2021.

In ihrer Autobiografie „Freiheit“ erklärt und reflektiert die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Politik „mit einem Hauch von Selbstkritik“, so der eine oder andere bundesdeutsche Kritiker. Dieselben Kritiker konstatieren auch, dass dieses 736 Seiten starke Werk, das die Bundeskanzlerin a.D. gemeinsam mit ihrer ehemaligen Büroleiterin Beate Baumann verfasst hat, die Welt nicht erschüttern wird. Und auch wenn spektakulär Neues kaum daraus zu erfahren ist, runden dennoch viele persönliche Details das Bild der Politikerin ab, die oft gerne von sich sagte: „Sie kennen mich“.

Hier schaut Angela Merkel zurück auf ihr Leben in zwei deutschen Staaten, zuerst 35 Jahre in der DDR, dann auch 35 Jahre im wiedervereinigten Deutschland. Sehr persönlich erzählt sie aus ihrer Kindheit und Jugend, von ihrem Studium in der DDR. Beim Thema DDR bleibt sie durchaus ambivalent, einerseits benennt sie die vielen Schwierigkeiten, die das Regime ihr in den Weg legte, andererseits berichtet sie dennoch von einer schönen Zeit in Ostdeutschland. Und natürlich von dem dramatischen Jahr 1989, dem Jahr des Mauerfalls, als auch ihr politisches Leben Fahrt aufnahm. Sie lässt die/den Leser:in an unzähligen Treffen und Gesprächen mit mächtigen Politikern aus aller Welt teilhaben und schildert anhand von wichtigen europäischen und internationalen Wendepunkten anschaulich und nachvollziehbar, welche Entscheidungen, die unsere Zeit prägen, wie und warum getroffen wurden.

16 Jahre trug Angela Merkel die Regierungsverantwortung für Deutschland, führte das Land durch zahlreiche Krisen und prägte mit ihrem Handeln und ihrer Haltung die deutsche und internationale Politik und Gesellschaft. Doch sie bereut nicht viel. Wenn sie ihren steinigen Weg nach oben und ihre Zeit an der Spitze beschreibt, gibt es tatsächlich nur wenig Selbstkritik. Obwohl nicht nur für ihre Gegner klar ist, dass die von ihr verursachte „Hegemonie eines grünen Denkens“ mit dem Ausstieg aus der Kernenergie für den Abstieg der deutschen Wirtschaft verantwortlich ist. Und auch in der Migrationsdebatte habe sie versagt, die entstandenen Probleme erkenne die Altkanzlerin bis heute nicht, werfen ihr ihre Kritiker vor.

Ja, ihre Autobiografie liest sich tatsächlich oft wie ihre Amtszeit: lang und kurvenreich. Beeindruckend ist, dass Angela Merkel diese umfangreichen Memoiren gänzlich ohne Ghostwriter, gemeinsam nur mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann, verfasst hat. Ihre „stoische Nachsicht“, so könnte man schließen, hat ihren Ursprung möglicherweise im Elternhaus in Templin und übertrug sich später auf ihren Regierungsstil. Solcherart zieht Merkel auch gelassen eine relativ nüchterne Bilanz ihrer Krisenpolitik, in der Teamgeist und Achtsamkeit zentrale Rollen spielten. Ihr integrativer Führungsstil könnte gerade heute in unseren turbulenten Zeiten wertvoll sein.
Peter Klein

Merkel, Angela - Freiheit
Erinnerungen 1954-2021. Mit Beate Baumann. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2024. 736 S. - fest geb. : € 43,95 (BB) ISBN 978-3-462-00513-4

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