Moore, Liz - Der Gott des Waldes

Moore, Liz - Der Gott des Waldes

Veröffentlicht am 23.05.2025

Spannender Roman über fatale Verstrickungen in gesellschaftliche Konventionen.

„Drei Regeln hatte man den Ferienkindern direkt bei der Ankunft eingebläut. […] Die dritte (und wichtigste, was man daran erkennen konnte, dass sie in Großbuchstaben auf mehreren Schildern stand, die an gemeinsam benutzten Orten angebracht waren) lautete: WENN DU DICH VERLÄUFST: SETZ DICH HIN UND SCHREI.“

Es ist Sommer 1975 im Camp Emerson an den Adirondack Mountains im nordöstlichen Teil des US-Bundesstaats New York. Als die Betreuerin Louise morgens die ihr anvertrauten jungen Mädchen durchzählt, ist rasch klar, dass die 13-jährige Barbara van Laar verschwunden ist. Die van Laars sind über Generationen Besitzer des Naturreservats, das von TJ Hewitt verwaltet wird, die hier aufgewachsen und Barbara von klein auf kennt. Die Suche nach Barbara ruft sofort ein großes Einsatzkommando auf den Plan, denn vor einigen Jahren ist hier auch Barbaras Bruder „Bear“ verschwunden. Alice van Laar, die Mutter der Kinder, hat den Verlust des geliebten Sohnes nie verwunden und Barbara wächst in einer vergifteten und depressiven Atmosphäre auf und in einer Umgebung, in der wohl jeder sein Geheimnis zu haben scheint ...

Die Bewohner des Ortes glauben an Mord, hat doch zu dieser Zeit ein entflohener Häftling im weitläufigen Waldgebiet Zuflucht gesucht, wieder andere glauben an ein Verbrechen innerhalb der Familie, das vertuscht werden soll. Nach und nach kommen die verschiedenen Protagonisten zu Wort und beschreiben ihre Sicht auf die Ereignisse von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart. Die ehrgeizige Ermittlerin Judyta Luptack sieht in diesem Fall ihre Chance gekommen, in einem immer noch männlich dominierten Polizeiapparat endlich den nächsten Schritt auf der Karriereleiter setzen zu können. Sie führt die Ermittlungen auf eine etwas andere Weise. Sie sucht Gespräche und beobachtet genau wie sich die Menschen in Barbaras Umfeld verhalten.

Liz Moore gelingt es in ihrem zweiten hochgelobten Roman, eine Vielzahl von spannenden Figuren zu kreieren, die in ihrer Zeit und in gesellschaftlichen Konventionen verstrickt ihren Weg suchen. Beste Unterhaltungsliteratur, angesiedelt in den 1970er Jahren, die gar nicht so weit von den Vereinigten Staaten der Gegenwart entfernt zu sein scheinen, wo ein chauvinistischer Grundton herrscht und geerbter Reichtum und Armut den Lebensverlauf unweigerlich bestimmen. Jedenfalls lässig übersetzt, ist dieser seitenstarke Roman sicher ein willkommenes Sommerlesevergnügen.
Julie August

Moore, Liz - Der Gott des Waldes
Roman. München: Beck 2025. 590 S. - fest geb. : € 27,95 (DR) ISBN 978-3-406-82977-2 Aus dem Engl. von Cornelius Hartz

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