Nore, Aslak - Meeresfriedhof

Nore, Aslak - Meeresfriedhof

Veröffentlicht am 03.09.2024

Eine Familiensaga über vier Generationen hinweg.

Puuh, geschafft! Ich bin dem Heldenstatus nah, weil ich mich erfolgreich durch die 540 Seiten dieses Buches gekämpft habe und dieses nun hier für Sie bespreche. Sein Autor, Aslak Nore, wird in seinem Heimatland Norwegen offenbar als neuer Stern am Himmel skandinavischer Krimiautoren gehandelt. Sein bewegtes Leben als Elitesoldat und Reporter in den nahöstlichen Kriegsregionen lässt er kenntnis- und detailreich in seine Bücher einfließen. Das schon 2021 im Original veröffentlichte Buch „Meeresfriedhof“, das vom Verlag als erster Band einer Trilogie geführt wird, hat es dort an die Spitze der Bestsellerlisten geschafft und wurde nun von der Skandinavistin Dagmar Lendt ins Deutsche übersetzt.

Die Geschichte beginnt mit dem Freitod der Mutter von Olav Falck, einem mächtigen und reichen norwegischen Patriarchen und erfolgreichen Geschäftsmann in der Jetztzeit. Die anschließende Suche nach ihrem verschwundenen Testament, das für den gesamten Falck-Clan von vermutlich großer Bedeutung ist, wird dann auf unterschiedlichen Schauplätzen, Zeithorizonten und aus der Perspektive verschiedener Protagonist:innen erzählt. Dadurch werden vom Autor mit zu würdigender Detailliertheit Elemente eines historischen Romans, eines Spionagethrillers, kriegerischer Konflikte der Vergangenheit und der Jetztzeit und einer Krimihandlung eingebracht, wodurch ein hochkomplexer Gesamtleseeindruck entsteht.

Ist man dann allerdings am Ende des Buches und der Suche nach dem verschollenen Testament angekommen, kann man durchaus zu einer unterschiedlichen Beurteilung dieser Komplexität kommen: Die einen werden sich vermutlich an der dicht gewobenen Erzählung, die so manches gut gehütete Familiengeheimnis ans Tageslicht bringt, erfreuen können, andere mögen vielleicht mit mir bilanzieren: Mehr als eine kompliziert erzählte Familiensaga über vier Generationen hinweg ist es schließlich doch nicht geworden – oder, um es dem Patriarchen Olav in den Mund zu legen: Familia ante omnia! Aber vielleicht bin ich ja auch nur zu ungeduldig, und die im vorliegenden ersten Band der Trilogie angelegte Komplexität der Handlung greift erst in den nächsten beiden Bänden dann so richtig.
Gerald Wödl

Nore, Aslak - Meeresfriedhof
Roman. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2024. 544 S. - kt. : € 18,95 (DR) ISBN 978-3-462-00396-3 Aus dem Norw. von Dagmar Lendt

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