Oskamp, Katja - Die vorletzte Frau
Veröffentlicht am 09.06.2025
Ungewöhnliche Emanzipationsgeschichte einer Frau und Schriftstellerin.
„Zwei Drittel eines durchschnittlichen Frauenlebens hatte ich absolviert. Ich befand mich in einem Alter, in dem ich den Satz ‚Tosch war der Mann meines Lebens‘ ohne Übertreibung sagen durfte. Welche Rollen würde ich im letzten Drittel verkörpern?“, schreibt Katja Oskamp am Ende ihres neuen Romans. Sie erzählt darin nämlich die ungewöhnliche Emanzipationsgeschichte einer Frau und Schriftstellerin, die alle möglichen Rollenzuschreibungen eines Frauenlebens durchläuft – von der Schülerin, Geliebten über Ehefrau, Mutter bis hin zur Pflegerin, auch Fußpflegerin, bis sie bei sich selbst ankommt. Hat sie in „Marzahn mon amour“ die Geschichte einer Autorin mit Schreibblockade erzählt, die eine Ausbildung zur medizinischen Fußpflege macht und über diese Übung in Demut wieder zum Schreiben findet, ist „Die vorletzte Frau“ nun die Geschichte einer Liebe mit vielen Gesichtern.
Sie beginnt am Leipziger Literaturinstitut, wo der Schweizer Dozent und die frisch getrennte Studentin und Mutter aufeinandertreffen und einander verfallen: „Von da an vertraute ich Tosch wie ein Tier.“ Für den weitaus älteren Autor ist sie ein Quell an Lebendigkeit, für sie ist er der Vater zu ihrem Wunsch-Elternpaar. Sie befindet sich nämlich gerade in Therapie bei Dr. T, um ihre Zwänge auf die Reihe zu bringen und ihre gescheiterte Ehe zu verarbeiten. Zwischen Inspiration und sexueller Ausschweifung beginnen sie eine ungewöhnliche Beziehung zu leben. Gemeinsamer Alltag ist nichts für Tosch, der mit einer rollenlosen Schauspielerin zusammen ist.
Nach und nach finden sie zueinander. Während er ein erfolgreiches Schriftstellerleben entwirft, lebt sie ihr Leben phasenweise entlang seiner Planung, eingespannt zwischen den verschiedenen Rollen und Ansprüchen. Als er eine Krebsdiagnose erhält, wandelt sich die Beziehung erneut und findet eine neue Form. Auch Katja Oskamp hat sich sichtlich als Autorin gefunden und ist eine markante Stimme in der deutschen Gegenwartsliteratur.
Julie August
Oskamp, Katja - Die vorletzte Frau
Roman. Berlin: Ullstein 2024. 208 S. - fest geb. : € 23,95 (DR) ISBN 978-3-98816-020-1
