Pines, Sarah - Der Drahtzieher

Pines, Sarah - Der Drahtzieher

Veröffentlicht am 03.03.2025

Die drückende Schwere der Zwischenkriegszeit in der Provinz und die Dekadenz der 20er Jahre.

„Es war die Magie hinter Theodor, die die Menschen an ihn zwang, ob sie nun wollen oder nicht. Als habe er die Pforten des Sauerlandes geöffnet, und herein wehte die Brise von etwas anderem Wildem.“ Der Nadel- und Drahtseilfabrikant Theodor Hugo Hasselt ist eine Erscheinung. Im westlichen Sauerland zählt seine Familie zu den reichsten in der Region. Es ist 1926, als Theodor für einen Auftrag nach Südafrika reist, wo er auf Großwildjagd geht und beim Besuch der Verwandtschaft auf seine Cousine Alba trifft. Die wechselseitige Anziehung ist groß. Er kehrt mit Alba, die vorgibt, von ihm schwanger zu sein, als zukünftiger Ehefrau nach Deutschland zurück.

Die eigensinnige Alba findet sich mit seiner ungestümen Art nur schwer zurecht und schwer wird auch der Alltag auf dem Gut in Iserlohn sein. Auch Theodor hat sich das Leben mit einer Ehefrau anders vorgestellt. Unter dem Blick der Mutter und der Langzeitgeliebten Marthe hatte er davor ein gut organisiertes Junggesellenleben geführt. Als Alba auf Theodors Freund aus Jugendtagen und den reichsten Mann der Region trifft, den schmächtigen Stahlfabrikant Albert Esselbeck, ist der jungen Frau klar: „Sie wollte Theodors Körper und Alberts Geld.“ Marthe ist noch dazu Alberts Verlobte und liebt Theodor.

In diesem fatalen Dreieck oder besser Viereck zeichnet Sarah Pines in ihrem Debütroman das Bild der drückenden Schwere der Zwischenkriegszeit in der Provinz und die Dekadenz der 20er Jahre. Sie liefert damit ein Stück weit einen Vorgeschmack, wie Industrialisierung, Erster Weltkrieg und wirtschaftlicher Aufschwung auf die Menschen dieser Zeit wirken, die jedoch emotional nicht Schritt halten können und somit die Voraussetzungen für weitere, tragische Entwicklungen bilden. Die auktoriale Erzählweise hält sie konsequent durch, doch auf Kosten der Tiefenschärfe ihrer Figuren. Vor allem Theodors Wutanfälle, Chauvinismus und strotzende Körperlichkeit bleiben vordergründig in Erinnerung. Es ist der erste Roman der promovierte Literaturwissenschaftlerin, die als Kulturjournalistin für deutsche Zeitungen arbeitet und in New York lebt.
Julie August

Pines, Sarah - Der Drahtzieher
Roman. Zürich: Diogenes 2024. 320 S. - fest geb. : 25,50 (DR) ISBN 978-3-257-07278-5

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