Raab, Thomas - Peter kommt später

Raab, Thomas - Peter kommt später

Veröffentlicht am 04.09.2023

Die Pensionistin Hannelore Huber ermittelt wieder in einem kunstvollen Verschnitt aus bayrisch-konservativer Landidylle und österreichisch-provinzieller Rückwärtsgewandtheit. 

Jede noch so erfolgreiche Romanfigur ist irgendwann „auserzählt“. Soll heißen, dass sie für die Leserin und den Leser schon so gut bekannt ist, dass auch der kreativste Plot und die originellste Sprache für ein weiteres Buch mit ihr nicht mehr genügend Neues und Unerwartetes bringen kann, das erneut zu fesseln vermag. Das galt für mich leider auch etwa nach den ersten fünf, sechs Krimis mit der von Thomas Raab geschaffenen Kultfigur des Willibald Adrian Metzgers, jenes feinsinnigen Möbelrestaurators, der zum erfolgreichen Ermittler wird – was habe ich doch diese Figur geliebt!

Eine Art von Nachfolge hat dann im Jahr 2018 die Romanfigur der Hannelore Huber (eine eigenwillige, rüstige Pensionistin) angetreten. Mit dem in dieser Reihe nun vorliegenden dritten Roman „Peter kommt später“ wird sie zur klärenden Schlüsselfigur in zwei Mordfällen im Dorf Glaubenthal. Dessen Beschreibung und die der darin lebenden Menschen macht auf mich den Eindruck eines kunstvollen Verschnitts aus bayrisch-konservativer Landidylle und österreichisch-provinzieller Rückwärtsgewandtheit. (Haben dabei vielleicht Autor und/oder Verlag gar sehr gezielt auf die beiden potenziellen Absatzmärkte für dieses Buch, Deutschland und Österreich, geschielt?)

Egal, es gibt also wieder eine Mördergeschichte mit einer (übergroßen) Menge an schrillen Figuren, tiefschwarzem Humor und gewitzter Sprache. Also alle Zutaten eines „klassischen“ und als Autor so sehr von mir geschätzten Raabs sind wohl wieder in dem Buch vereint – und dennoch funktioniert es diesmal nicht für mich. Denn der gewählte Plot ist übertrieben komplex und unglaublich simpel zugleich, die Figuren sind stellenweise extrem überzeichnet, das befreiende Lachen bei den fast in jedem Absatz vorkommenden Sprachspielereien und tiefgründigen Witzen bleibt ungewohnt oft bei mir aus.

Für mich stellt sich daher die Frage: Ist auch die Romanfigur der Hannelore Huber schon „auserzählt“? Das wäre nach der Lektüre dieses Buches zumindest für mich kein allzu großer Verlust. Und hoffentlich auch nicht für Thomas Raab, dem ich noch ganz viele weitere Bestseller wünsche.
Gerald Wödl

Raab, Thomas - Peter kommt später
Frau Huber ermittelt. Der dritte Fall. Roman. Köln. Kiepenheuer & Witsch 2023. 336 S. - fest geb. : € 23,50 (DR) ISBN 978-3-462-00206-5

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