Redondo, Dolores - Todesspiel

Veröffentlicht am 19.05.2023
Die Nordseite des Herzens. Thriller
Dolores Redondo ist eine vielfach ausgezeichnete spanische Erfolgsautorin. Mit ihrer Baztán-Trilogie, in der die Ermittlerin Amaia Salazar in der fiktiven spanischen Region Baztán eine Reihe von Morden untersucht, die mit der Geschichte ihrer Familie und der Region verbunden sind, wurde sie nach 2014 auch international bekannt. Redondo eilt seither der Ruf voraus, dass ihr Schreibstil atmosphärisch dicht und detailreich sei, mit eindrücklichen Beschreibungen von Landschaften und Traditionen der dort ansässigen Menschen. Sie kombiniert in ihren Büchern meist Elemente des Kriminalromans mit Folklore und Übernatürlichem. Das alles habe ich erst jetzt für die gegenständliche Rezension recherchiert und nicht schon vor Lesebeginn ihres zuletzt in deutscher Sprache erschienenen Buches, von „Todesspiel – Die Nordseite des Herzens“, einem fast 650 Seiten umfassenden Thriller, gewusst.
Kommissarin Amaia Salazar ist gerade zur Weiterbildung in der FBI-Akademie in Quantico, Virginia. Ihre besonderen Fähigkeiten kann sie dabei gleich in einem neu gebildeten Ermittlerteam unter der Leitung von Agent Dupree unter Beweis stellen, das einen Familienserienmörder jagt, der immer an Schauplätzen von Tornados in ritueller Weise zuschlägt – und vieles deutet darauf hin, dass diese Todesserie in dem sich gerade auf New Orleans zubewegenden Hurrikan „Katrina” ihren grausamen Höhepunkt finden soll. Die vielen ergänzenden Nebenhandlungsstränge und Rückblenden in die Lebensgeschichten der Hauptprotagonisten hier zu beschreiben, scheint mir weder notwendig noch sinnvoll zu sein. Sie sind aber dafür verantwortlich, dass die Geschichte nach einem spannenden Beginn sehr rasch zerfahren auf mich wirkte und sich später an einigen Stellen auch wirklich mühsam liest.
Mein persönliches Fazit: Hätte ich schon vor Lesebeginn einige Informationen zur Arbeit von Dolores Redondo eingeholt, hätte ich wohl überhaupt die Finger von diesem Buch gelassen, denn mit dem Übernatürlichen und der Folklore habe ich es nicht so. Und vielleicht habe ich auch deshalb die Handlung nicht als komplex, sondern eher als kompliziert dargereicht erlebt, den durchaus mich ansprechenden Schreibstil nicht nur als atmosphärisch dicht, sondern an manchen Stellen als zu detailverliebt und die ständig wechselnden Handlungsstränge nicht als Bereicherung, sondern als Ablenkung von einer möglicherweise allein nicht über 650 Seiten tragfähigen Haupthandlung erlebt. Hervorzuheben wäre aus meiner Sicht jedoch die exzellente Übersetzungsarbeit von Anja Rüdiger.
Gerald Wödl
Redondo, Dolores - Todesspiel
Die Nordseite des Herzens. Thriller. München: btb 2022. 640 S. - kt. : 17,50 (DR) ISBN 978-3-442-77278-0 Aus dem Span. von Anja Rüdiger