Scheiber, Jaqueline - dreimeterdreißig

Veröffentlicht am 16.07.2025
Liebesgeschichte mit existenzieller Grunderfahrung.
„Es war keine Entscheidung, zumindest keine, für die Klara zuvor Argumente hätte sammeln können. Zwei Gegensätze prallten aufeinander, schrille Anschläge, weiche Konsonanten, etwas, was man mit jemanden geteilt hatte, wurde von der Härte abgelöst. Eine Härte, die das Ende markierte. Er war tot.“ Mit dieser Extremsituation setzt der Debütroman von Jaqueline Scheiber ein.
Mit dem unfassbaren, abrupten Ende einer jungen Liebe beginnt Scheiber die Geschichte dieses Paares zu erzählen. Ihre Protagonistin Klara wacht neben ihrem toten Partner Balázs auf. Anstatt die Rettungskette in Gange zu setzen, macht sie erst einmal Tee und lässt in der Küche, der eben neu bezogenen, ersten gemeinsamen Wohnung traumartig Gedanken an sich vorüberziehen. Während Klara, ein bürgerliches Scheidungskind, Architektur studiert hat und ein hippes Leben zwischen Topjob, Fitness, Feiern führt und trotz Bindungsängsten und bürgerlicher Konventionen irgendwie den Partner fürs Leben sucht, kann Balázs von seiner ungarischen Herkunft, Armut und Fremdsein erzählen. Am Beispiel des ungleichen Paares, der toughen, aber liebessehnsüchtigen Frau und des herzensguten Underdogs im Wien der Gegenwart bildet Scheiber die Umwelt und das Lebensgefühl einer Generation von Millennials ab, die sie mit diesem Roman wohl auch erreichen möchte und schon erreicht hat.
Der Roman hat bereits jetzt schon mehrere Auflagen, was wohl auch mit Scheibers Social-Media-Präsens und -Aktivität zusammenhängt. Diese Liebesgeschichte mit existenzieller Grunderfahrung ist prädestiniert dafür, Sogwirkung zu erzeugen, die auch durch ihre klare Sprache und den eingängigen Stil der Autorin überzeugen. Scheiber ist gelernte Sozialarbeiterin und weiß, wovon sie schreibt, wenn sie die Atmosphären der Lebenswirklichkeiten ihrer Figuren skizziert und gestaltet. Auch die lyrische Arbeit ist der Sprache des Romans zuträglich. Unter dem Pseudonym Minusgold veröffentlicht Scheiber bereits seit den 2010er Jahren Lyrik auf Online-Portalen, betreibt einen Podcast gemeinsam mit einer Psychotherapeutin über die Wirkung von Kunst und verknüpft dies mit aktuellen psychosozialen Themen und Fragestellungen. Jaqueline Scheibers Roman steht für eine neue sozial- und selbstbewusste Autorinnen-Riege, die die Literaturlandschaft bereichern.
Julie August
Scheiber, Jaqueline - dreimeterdreißig
Roman. Graz: Leykam 2025. 240 S. - fest geb. : € 25,95) ISBN 978-3-7011-8335-7