Schletterer, Siljarosa - entschämungen

Veröffentlicht am 13.03.2025
körperkantate.
Wie eine Oper oder ein Orchesterwerk in 65 Szenen wirkt der formale Aufbau von Siljarosa Schletterers aktuellem Lyrikband „entschämungen“. Verschiedenste Attribute an und über den Körper, über das Körperliche, die körperliche Liebe und über Verletzlichkeit versucht die Autorin in poetische Sprache zu gießen und sie zu entschämen.
„wäre mein hunger / noch da / eingemauert / verschweigt der leib / sich selbst“ heißt es in „12. duetto“, wo die Wucht ihrer Sprache und Herangehensweise deutlich wird. Das verstärkt sich noch in der gegenüberliegenden Version im Dialekt noch weiter. Im Grunde sind diese Gedichte eine Art gesungene Liebesgedichte, wobei dieser Begriff um etliche Aspekte erweitert ist. Sie spricht dabei ohne Scham beziehungsweise wie von ihr kreiert entschämt Themen an, die kaum in der Lyrik zu finden sind: „du bist keine vagina / keine katze / willst nicht verniedlicht / werden & gefotzt/ wird nur noch bei den falschen // wir brauchen / neue namen / die schön & stark sind / ein äquivalent / zu moby dick“.
Siljarosa Schletterer verkörpert quasi ihre Dichtung in diesem Band in einer gewaltlosen, intensiven Weise, die einen durchdringenden szenischen Charakter besitzt. Ein außergewöhnlicher Gedichtband mit Nachhall.
Rudolf Kraus
Schletterer, Siljarosa - entschämungen
körperkantate. Mit Bildern von Franz Wassermann. Innsbruck: Limbus 2025. 87 S. fest geb. : € 15,50 (DL) ISBN 978-3-99039-265-2