Stadtbücherei Gänserndorf - Wechselvolle Geschichte

Stadtbücherei Gänserndorf - Wechselvolle Geschichte

Veröffentlicht am 19.10.2021

Von Silke Rabus

Die Stadtbücherei Gänserndorf blickt auf eine lange Geschichte zurück. Laut der „Gänserndorfer Chronik“ zählt sie zu den ältesten Volksbüchereien in Österreich und ging im Jahr 1917 in das Eigentum der Gemeinde im niederösterreichischen Marchfeld über.

Mehrfach übersiedelt

„Nach mehreren Übersiedelungen und dem Zweiten Weltkrieg wurde der Büchereibetrieb 1949 wieder aufgenommen“, erzählt Büchereileiterin Sabine Zeitsek aus alten Zeiten und verweist auf die Unterstützung, die der Verband österreichischer Volksbüchereien bei der Neuorganisation leistete. 1957 übersiedelte die Bibliothek dann in die Bahnstraße 36 in zwei adaptierte Räume. „Und 1965 wurde aus der Thekenbücherei eine Freihandbücherei“, so Sabine Zeitsek. „Seither können sich die Leserinnen und Leser die Bücher im Regal selbst auswählen.“ Auch das Angebot wurde erweitert, 1979 standen erstmals Tonkassetten für den Verleih bereit.

Ihren heutigen Standort bezog die Stadtbücherei in den 1990er Jahren. Nach einiger Zeit in einem Ausweichquartier übersiedelte sie in ein neues und modernes Gebäude, das „BUM“ – Buch und Musik. Die feierliche Eröffnung fand im Oktober 1993 statt, die Bücherei brachte man ebenerdig und die Musikschule im ersten Stock unter. Kurz zuvor war auch der Verein „literatur network marchfeld“ gegründet worden, ein Regionalverbund von acht Bibliotheken im Bezirk. „Die Stadtbücherei Gänserndorf ist Sitz des Vereins und fungiert als Stützpunktbücherei“, sagt Sabine Zeitsek. „Der gemeinsame Medienpool an Sachbüchern und AV-Medien steht sowohl den teilnehmenden Bibliotheken als auch den Benutzerinnen und Benutzern unserer Bücherei zur Verfügung.“

27 Stunden für die LeserInnen offen

Heute ist die Stadtbücherei Gänserndorf eine Außenstelle der Stadtgemeinde Gänserndorf und wird von ihr finanziell erhalten. „Es gibt auch Förderungen vom Bund und dem Land Niederösterreich“, so die Büchereileiterin. „Diese sind jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“ Insgesamt steht der Bibliothek eine Fläche von 320 m2 zur Verfügung, und auch für Veranstaltungen ist sie gut gerüstet. In den Ausleihräumlichkeiten haben alle Regale Rollen und können bei Lesungen so verstellt werden, dass rund 90 Sitzplätze möglich sind. Im Kellergeschoß befindet sich zudem ein Multifunktionsraum, der für Tagungen, Vorträge oder Kurse gemietet werden kann.

Mit ihren Mitarbeiterinnen Daniela Zenz, Eva Schultes und Martina Tröstl hält Sabine Zeitsek die Bibliothek 27 Stunden in der Woche am Laufen. Sie selbst ist seit 1995 bei der Stadtgemeinde als Vertragsbedienstete für 40 Stunden angestellt und seit dem Jahr 2000 Leiterin der Stadtbücherei Gänserndorf. Zwei ihrer Mitarbeiterinnen arbeiten als Teilzeitkräfte 24 Stunden die Woche, eine Aushilfskraft steht während der Samstagsöffnungszeit für drei Stunden in der Bibliothek und unterstützt das Team als Urlaubsvertretung.

Von Büchern und Zeitschriften bis hin zu Tonies

Die Stadtbücherei zählt rund 1.300 Leserinnen und Leser im Jahr, insgesamt stehen mehr als 28.000 Medien zum Verleih. „Der Schwerpunkt unseres Bestandes liegt eindeutig auf dem Kinderbuchbereich“, erklärt Sabine Zeitsek und verweist auf die Hauptzielgruppen Kinder, Familien und Frauen. „Jugendliche und Männer bilden, wie überall anders auch, leider die geringere Zahl unser Nutzer.“ Ihre Kundinnen und Kunden hat sie auch beim Bestandsaufbau immer im Blick: „Beim Neuankauf setzen wir auf eine ausgewogene Auswahl und gehen auf Leserwünsche ein.“ Unterstützung kommt dabei vom Büchereiservice des ÖGB. „Die rasche Lieferung unseres Einkaufs meist innerhalb einer Woche überzeugt uns ebenso wie die Kompetenz und Verlässlichkeit im Speziellen von Luise Mathies, die sehr aufmerksam ist und uns auf eventuelle Doppelbestellungen immer hinweist.“

Neben Büchern, Zeitschriften, Hörbüchern und DVDs hat die Stadtbücherei Gänserndorf seit zwei Jahren auch Tonies im Bestand, die zugehörigen Tonieboxen stehen gegen eine Einsatzgebühr ebenfalls für den Verleih bereit. „Dieses Angebot wird von unseren Leserinnen und Lesern gerne genutzt“, berichtet Sabine Zeitsek. „Außerdem sind wir beim Verbund noe-book.at dabei.“ Jahreskartenbesitzer können sich auf dieser Plattform E-Medien ausleihen, mittlerweile werden im Monat durchschnittlich 350 bis 400 E-Books entlehnt.

Kooperationen mit Stadt und Land

Neben Veranstaltungen aller Art – von Schulklassenbesuchen, Leseanimationen, Bilderbuchkinos bis hin zur Mitwirkung am Familienpicknick der Gemeinde – punktet die Stadtbücherei Gänserndorf vor allem mit Kooperationen. Nicht nur hat sie seit 2012 die Administration der Gänserndorfer Volkshochschule übernommen und damit eine weitere Kundengruppe zu betreuen, einmal im Monat ist auch eine Bildungsberaterin vor Ort. Außerdem hat die Aktion „Natur im Garten“ des Landes Niederösterreich einen Regionalstandort in der Bücherei in Gänserndorf. „Einmal in der Woche können sich Interessierte bei uns über ökologisches Gärtnern informieren. Sogar Biomüllsäcke sind in der Bücherei erhältlich.“ Weiters werden Karten für Kulturveranstaltungen der Gemeinde verkauft, es gibt einen Kopierservice und während der Öffnungszeiten steht eine Schütte mit Flohmarktbüchern bereit. „Bei Schönwetter wird diese vor die Bücherei geschoben“, erklärt Sabine Zeitsek: „Damit erreichen wir auch Nicht-Kunden.“

Schwierige Zeiten während der Pandemie

Die Covid-19-Pandemie hat allerdings auch die Stadtbücherei Gänserndorf vor große Herausforderungen gestellt. „Die Schließungen waren für uns alle nicht leicht“, erinnert sich Sabine Zeitsek. Während der Lockdowns wurden Urlaube abgebaut und der Medienbestand reorganisiert, vor allem aber mit viel Kreativität an alternativen Konzepten gearbeitet. „Click & Collect beim letzten Lockdown wurde zwar genutzt, doch viele unserer Leserinnen und Leser haben uns erzählt, dass sie die Bücher lieber selbst am Regal ausgesucht hätten.“ Sie ergänzt: „Unsere Kundinnen und Kunden haben sich so gefreut, als wir wieder offen haben durften. Und wir uns natürlich auch!“

Bei den Veranstaltungen mussten ebenfalls große Abstriche gemacht werden. „Vor Corona haben wir drei bis vier Bilderbuchkinos im Jahr angeboten und zwei Lesungen für Erwachsene. Jetzt müssen wir froh sein, wenn wir eine einzige Veranstaltung im Herbst durchführen können“, bedauert die Büchereileiterin die Situation.

Schöne Ausblicke

Der Blick in die Zukunft macht nach dieser schwierigen Zeit allerdings wieder Hoffnung. Seitens der Gemeinde Gänserndorf gibt es konkrete Pläne für eine Übersiedelung in einen Neubau in der Nähe des alten Standorts. Geplant ist, dass die Bücherei Räumlichkeiten im ersten Stock beziehen soll. „Baubeginn ist das Frühjahr 2022“, verrät Sabine Zeitsek, „und dann wird es noch ein bisschen dauern. Jedenfalls freuen wir uns sehr auf eine spannende Zeit!“