Steinfest, Heinrich - Sprung ins Leere
Veröffentlicht am 27.05.2024
Auf den verqueren Spuren der verschollenen Großmutter.
Heinrich Steinfest liefert mit seinem neuen Roman dem Buchmarkt einen sogenannten Kunst-Krimi, in dessen Mittelpunkt die Protagonistin Klara Ingold steht, die sich mit einer Zufallsbekanntschaft auf die weltweit verqueren Spuren ihrer verschollenen Großmutter begibt. Anlass dazu gibt ein geheimnisvolles Foto, welches diese, kaum fassbar, bei einem gewagten „Sprung ins Leere“ oder eben einem Sturz von einem Balkon zeigt. Tatsächlich galt Klara Ingolds Großmutter seit dem Jahr 1957 als spurlos verschwunden.
Im Zuge der Nachforschungen durch Klara, die selbst eine passionierte Kunsthistorikerin ist, führt nunmehr der Autor seine Leserschaft auf Spuren und Wegen, die sich vom deutschen Wuppertal über Japan bis letztlich in das österreichische Semmeringgebiet ausbreiten. Dass sich die Leserin/der Leser dabei auch einer manchmal überschießenden und ziemlich überbordenden Surrealität und Absurdität zu stellen hat, tut dem Buch keinen Abbruch. Es ist genau dieser Stil, der Heinrich Steinfest zu eigen ist und diesen ausmacht.
Zur Belohnung für das Durchhaltevermögen spart er nicht mit fein gesponnener aktueller Zeitkritik, streut mit sprühendem Sprachwitz nur so herum und bietet mittels tiefgründigen psychologischen Deutungen eine etwas schräge Einschau in den Kosmos menschlicher Gesellschaften samt ihren Traditionen und Gepflogenheiten, vermittelt eine tiefe Einschau in deren Kunst und Kultur und lässt auch deren vielfach gepflegten Arten kulinarischer Besonderheiten nicht links liegen. Insgesamt möchte ich diesen wirklich ansprechenden Roman in das bibliothekarische Regal „gehobene Literatur“ einordnen.
Adalbert Melichar
Steinfest, Heinrich - Sprung ins Leere
Roman. München: Piper 2024. 493 S. - fest geb. : € 25,50 (DR) ISBN 978-3-492-07215-1