Tan, Twan Eng - Das Haus der Türen

Veröffentlicht am 11.06.2025
Einer der bekanntesten Schriftsteller Großbritanniens 1921 in British-Malaya.
1921, British Malaya: Der angesehene Autor Willie Maugham und sein junger Liebhaber sind gerade auf der Insel Penang angekommen. Weit gereist und müde erreichen sie ihr Ziel: ein wunderschönes Anwesen am Meer, das Haus von Robert, einem alten Freund, und seiner Frau Lesley. Die ersten Tage beginnen schläfrig, geprägt von Sand, Hitze und dem Schatten von Kokosnussbäumen. Doch Willie ist Reiseschriftsteller und stets auf der Suche nach Geschichten, und als er in die reiche Gesellschaft Penangs eintaucht, offenbaren sich auch deren Geheimnisse.
Willie, das ist eigentlich William Somerset Maugham (1874-1965), einer der bekanntesten Schriftsteller Großbritanniens, der unter anderem durch Bücher über seine Reisen in ferne Länder Weltruhm erlangte. Tan Twan Eng bedient sich als Basis für „Das Haus der Türen” einer tatsächlich publizierten Sammlung Maughams, die während seiner Zeit in Penang Form annahm: „The Casuarina Tree” (1926, übersetzt als „Die Macht der Umstände”). Hier schreibt Maugham über einen historisch belegten Mord, den eine Lady aus gutem Hause begangen haben soll und deren Prozess British Malaya in Atem hält. Tan Twan Eng webt diese Erzählung geschickt in seinen Roman ein, bedient sich außerdem biografischer Informationen über Maugham, und zeigt ihn dabei als einen höchst komplexen, wenn auch höchst menschlichen Charakter.
Willies Narrativ ist aber nur ein Teil der Medaille. Ihm ebenbürtig ist Lesley, die auch als Erzählerin in Erscheinung tritt und ihrem Gast zunächst skeptisch gegenübersteht – denn wer möchte schon als Vorlage für seine Geschichten enden? Dabei wäre gerade Lesleys Leben durchaus interessant, gibt es doch eine Verbindung zwischen ihr und der revolutionären Bewegung von Sun Yat-sen, einer weiteren historischen Figur, der 1911 das chinesische Kaiserreich stürzte und die Republik China, einen Vorläufer der heutigen Volksrepublik, ausrief. Als Leser:innen werden wir Teil von Lesleys Erinnerungen. Inwiefern Willie das ebenfalls gelingt, und wie die beiden Charaktere sich in Relation zueinander entwickeln, ist vielleicht einer der spannendsten Aspekte des Romans.
Tan Twan Eng selbst ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Autoren Malaysias. Dass es ihm gelungen ist, dies mit erst drei publizierten Romanen zu erreichen, zeugt von dem enormen Einfluss seiner Bücher, die sich allesamt durch eine leise Melancholie und einen Fokus auf das Vergängliche auszeichnen. „Das Haus der Türen” ist sein erster Roman seit zwölf Jahren, und unter der ewigen Sonne von Penang lässt sich feststellen: das Warten hat sich gelohnt.
Lisa Edelbacher
Tan, Twan Eng - Das Haus der Türen
Roman. Köln: DuMont 2025. 352 S. - fest geb. : € 25,95 (DR) ISBN 978-3-7558-0018-7 Aus dem Engl. von Michaela Grabinger